In der Sitzung der Regionalversammlung am Mittwoch, 22. Oktober, haben die Fraktionen ihre Anträge zum Haushaltsentwurf 2026 eingebracht. Insgesamt 104 Anträge sollen den von Regionaldirektor Alexander Lahl Ende September vorgelegten Entwurf – mit einem Gesamtvolumen von 541,5 Millionen Euro – ergänzen und weiterentwickeln. Die Schwerpunkte liegen auf einer zukunftsfesten Entwicklung der Region, insbesondere im Bereich S-Bahn-Verkehr, Wirtschaft und Landschaftsentwicklung.
Interfraktionelle Anträge: S-Bahn und Fachkräfte
Von den 104 Anträgen sind sechs fraktionsübergreifend eingebracht worden. CDU/ÖDP, GRÜNE, Freie Wähler, SPD und FDP fordern von der DB InfraGo im Rahmen der Agenda für zufriedene Kunden ein Konzept zur Videoüberwachung an Bahnhöfen und im gesamten S-Bahn-Netz. Darüber hinaus wünschen die Fraktionen Informationen zu regionalplanerischen Instrumenten, mit denen der Regionale Grünzug und damit die Sicherung wichtiger Freiraumbereiche langfristig gewährleistet werden kann. CDU/ÖDP, GRÜNE, Freie Wähler und FDP regen zudem die Evaluation der Innenausstattung der S-Bahn-Züge an – mit dem Ziel, Komfort und Funktionalität weiter zu optimieren. Die Ergebnisse sollen gemeinsam mit Erkenntnissen zur Fahrzeuglänge in den neuen Verkehrsvertrag einfließen. Im Zuge der anstehenden Vergabe ab 2032 müssen mindestens 60 Fahrzeuge der Baureihe 423 ersetzt werden.
Auf Initiative von CDU, Freien Wählern und FDP soll sich die Verwaltung außerdem dafür einsetzen, die Filderauffahrt in den Bundesverkehrswegeplan aufzunehmen und den Grünen Tunnel weiterzuführen. CDU/ÖDP und GRÜNE fordern darüber hinaus einen Aktionsplan zur Förderung der Internationalisierung und Weiterbildung in der Region. Die GRÜNEN und die Fraktionsgemeinschaft DIE LINKE/PIRATEN/SÖS möchten eine Sportstätten-App für die Region entwickeln lassen, die Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, schnell die nächstgelegene Sportstätte – von der Tischtennisplatte bis zum Volleyballfeld – zu finden.
Schwerpunkte der Fraktionen
CDU/ÖDP | „Die Region Stuttgart ist ein starker Wirtschaftsstandort mit weltberühmten Firmen und langer Tradition. Aber wir stecken in einer existenziellen Krise. Die Lage ist dramatisch, das sollten wir nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern in politisches Handeln überführen“, so Jan Tielesch. Die CDU/ÖDP-Fraktion fordert mehr Tempo, weniger Bürokratie und gezielte Investitionen in Zukunftstechnologien. Neben Automobil- und Maschinenbau sollen Medizintechnik, Ein Schwerpunkt liegt auf dem öffentlichen Nahverkehr. Aus diesem Grund fordert die CDU/ÖDP, dass sämtliche S-Bahnen ab 20 Uhr mit einem zusätzlichen Sicherheitsbegleiter besetzt werden müssen. Die derzeitige Videoüberwachung in den Zügen soll zudem auch im neuen S-Bahnvertrag verankert werden. Zusätzlich soll ein weitergehendes Reinigungskonzept entwickelt werden, das die Wendezeiten der Fahrzeuge zum Reinigen nutzen soll. „Die S1 nach Weilheim/Teck muss schnell kommen, der Landkreis Göppingen genauso, alle Mittelzentren anbinden! Innenentwicklung vor Außenentwicklung im VVS: ich sage deutlich, dass es für uns einen sehr hohen Wert hat, dass das Verbandsgebiet deckungsgleich mit dem VVS-Gebiet ist – und das muss auch in Zukunft so bleiben!“, so Tielesch. Auch der Weinbau spielt für die Fraktion eine wichtige Rolle. Die CDU/ÖDP möchte hierzu im Kofinanzierungsprogramm Landschaftspark Region Stuttgart einen Förderschwerpunkt für den Weinbau in Steillagen aufnehmen und eine Steillagenkampagne starten. Zudem sollen regionale Weine gefördert werden und ein Wettbewerb um den Wein der Region entstehen. Steillagen sollten nach Ansicht der CDU/ÖDP gemeinsam mit dem Neckar und Streuobstwiesen Schwerpunkte bei der BUGA 2043 in der Region werden. Darüber hinaus setzt sich die Fraktion für eine Weltmeisterschaft in Robotik und eine Tour-de-France-Etappe in der Region Stuttgart ein, um Innovation, Sport und internationale Aufmerksamkeit zu fördern. |
Bündnis 90/Die Grünen | Nach Ansicht der GRÜNEN soll der ÖPNV weiter optimiert werden: „Mit unserem Antrag Klimaneutrale S-Bahn wollen wir sicherstellen, dass bei der kommenden Ausschreibung und Vergabe des neuen S-Bahn-Vertrags verbindlich dargestellt wird, wie die S-Bahn Stuttgart bis spätestens 2045 klimaneutral betrieben werden kann“, so Prof. Dr. André Reichel. Echtzeitanzeigen im Schienenersatzverkehr, die weitere Nutzung der Panoramabahn als Ausweichstrecke während der Stammstreckensperrung sowie die Prüfung von Potenzialen zur Weiterentwicklung der regionalen Expressbusse RELEX – unter Einbeziehung der künftigen S-Bahnhaltestelle Neuhausen – sollen den ÖPNV zusätzlich verbessern. „Zukunftsfähiger Wohlstand braucht auch neue industrielle Schwerpunkte. Deshalb setzen wir mit Anträgen zum Förderprogramm Zukunftstechnologien sowie der Innovationsplattform ‚Arena2036‘ auf eine gezielte Förderung der Gesundheitstechnologien als Zukunftsbranche.“ Ziel ist es, Wissenschaft, Wirtschaft und Start-ups auf einem Innovationscampus zusammenzuführen. „In einer Zeit, in der Migration wieder politisch instrumentalisiert wird, wollen wir die Fakten sichtbar machen mit unseren Anträgen zur Bedeutung von Migration in der Wirtschaft und der Unterstützung von Fachkräften aus aller Welt mit einem regionalen Relocation-Service. Migration ist für uns keine Belastung oder störend im ‚Stadtbild‘, sondern eine Notwendigkeit und ein Standortfaktor“, so Prof. Reichel. Der geplante regionale Relocation-Service soll insbesondere kleine und mittlere Betriebe, Start-ups und Forschungseinrichtungen bei der Integration internationaler Fachkräfte unterstützen. Auch die GRÜNEN möchten das Kofinanzierungsprogramm Landschaftspark Region Stuttgart weiterentwickeln – mit einem besonderen Fokus auf den Erhalt und die Pflege von Streuobstwiesen. Zudem sollen die Gartenschauen in Vaihingen an der Enz sowie in Benningen und Marbach in Kooperation mit dem Landschaftspark unterstützt werden. |
Freie Wähler | S-Bahn nach Geislingen und Weilheim, Brennstoffzelle und Bürokratieausbau „Wasserstoff hat derzeit keinen Hype. Die Verunsicherung ist groß. Umso wich-tiger, dass wir Flagge zeigen und deutlich machen: Wir halten an unserer Stra-tegie fest. Wasserstoff soll in der Region ein CO²-freier Energieträger der Zu-kunft sein, der ein fester Bestandteil zur De-Carbonisierung ist“, betonte Hesky. Entsprechend fordert seine Fraktion Informationen über den Stand der Umsetzung der regionalen Wasserstoff- und Brennstoffzellenstrategie. Anstatt 20 Jahre Landschaftspark Region Stuttgart zu feiern, sprechen sich die Freien Wähler dafür aus, die vorgesehenen Mittel für Projekte im Rahmen der Landesgartenschauen in Vaihingen an der Enz sowie in Marbach-Benningen zu verwenden. Zudem möchten sie erfahren, inwieweit die Region vom kommunalen Regelbefreiungsgesetz Gebrauch machen kann. |
AFD | Kompetenzzentrum Kernenergetik, Barrierefreiheit und NaturRegion In der Energiepolitik plädiert die AfD für die Stärkung der Kernenergie: „Kernkraft ist Zukunftskraft! Mit unserem Antrag zur Einrichtung eines Regionalen Kompetenzzentrums für Kernenergetik wird die Region Stuttgart ihre technologische Spitzenstellung weiter ausbauen“, so Stephan Schwarz. Damit sollen Forschung, Lehre und die Qualifikation von Fachkräften gefördert und neue Talente gewonnen werden. Auch die Förderung von Kultur, Natur und Raumfahrt gehört zu den Schwerpunkten der Fraktion. „Das 75-jährige Jubiläum unseres wunderschönen Landes ist ein passender Anlass, die Erfolgsgeschichte, Schaffenskraft und Käpsele Baden-Württembergs zu feiern.“ Besonders wichtig sei, die Stärken der Region im Zusammenspiel von Wissenschaft, Wirtschaft und Umwelt weiter auszubauen. |
SPD | Abschaffung der ersten Klasse, berufliche Ausbildung, Förderung des Weinbaus „Der vorliegende Haushalt enthält viele richtige Ansätze. Aber er zeigt auch, wo wir noch mutiger werden müssen: bei der konkreten Umsetzung und bei der Fokussierung der Mittel auf das, was den Menschen unmittelbar nutzt“, so Thomas Leipnitz. Daher möchte die SPD wissen, wie die Auslastung, die Fahrgeldeinnahmen und der Deckungsgrad der 1. Klasse ist. Auf Basis dieser Auswertung sollte im neuen S-Bahnvertag auf die 1. Klasse verzichtet werden. „Die Region beschäftigt sich schon lange mit den Hochschulen und den Themen Weiterbildung und Qualifizierung. Wir wollen nun auch das Thema Ausbildung in den Fokus nehmen“, so Leipnitz. Im ersten Schritt soll die Situation der beruflichen Ausbildung in der Region umfassend analysieren werden. Ziel ist es, Defizite, Hemmnisse und erfolgreiche Initiativen zu identifizieren und Handlungsmöglichkeiten zur Stärkung der dualen Ausbildung sowie zur besseren Verknüpfung mit Weiterbildung aufzuzeigen. Zudem sollen im Landschaftsparkprogramm 150.000 Euro für die Förderung von Koordinatoren von Weinbauflächen reserviert werden. |
FDP | Einsparpotenziale, Crowdfunding und Fakultät für Technische Medizin „Als FDP-Fraktion möchten wir ganz deutlich sagen: Effizienz statt Kostenexplosion, Transparenz und Nachvollziehbarkeit statt nebulöser Selbstbedienung“, so Osman Dönmez. Deshalb bringe die Fraktion zehn Anträge ein, die alle dieses Zeil verfolgen. So sollen die Zuschüsse an die Wirtschaftsförderung und IBA27 reduziert werden. Zudem soll das Landschaftspark Programm um Crowdfundingmöglichkeiten ergänzt werden. Investive Förderprogramme sollen gestreckt werden, um Zinskosten zu sparen und Ausgaben bündeln sowie Doppelstrukturen abbauen. „Haushaltsdisziplin ist für kein Selbstzweck. Sie ist die Basis dafür, dass wir in Zukunft überhaupt noch gestalten können.“ In Zusammenarbeit mit anderen Akteuren möchte die FDP eine Fakultät für Technische Medizin in Stuttgart etablieren und den Forschungsstandort weiterentwickeln. Zudem sollen gemeinsame Initiativen zur Weiterentwicklung der KI mit dem KI-Innovationspark in Heilbronn vorangetrieben werden. |
DIE LINKE.PIRATEN.SÖS | Optimierung des Landschaftsparks und S-Bahn für alle „Mit unseren Anträgen möchten wir die S-Bahn mehr an die Bedürfnisse der täglichen Nutzer anpassen“, so Johanna Rech. Dazu zählen ein Sozialticket, die Abschaffung der ersten Klasse im neuen S-Bahnvertrag sowie die Anbindung der Mittel- und Unterzentren an das S-Bahnnetz. Eine regionale Mobilitätsdrehscheibe soll Umstiege zwischen Verkehrsmitteln erleichtern. Den Landschaftspark möchte DIE LINKE/SÖS/PIRATEN „barrierefreier gestalten und die Kofinanzierung um das Modul Klimaanpassung und Wasserrückhalt für 200.000 Euro ergänzen.“ Zudem beantragt sie „für 150.000 Euro eine regionale Energieinfrastrukturstrategie zu entwickeln, um die Versorgungssicherheit zu stärken.“ Klar positioniert sich die Fraktion gegen militärische Förderung: „Geplante Investitionen und Beratungsangebote im Bereich der Rüstungsindustrie sollen gestrichen werden.“ |
Zeitplan der Beratungen
Die inhaltliche Diskussion über die Anträge findet in den Ausschüssen statt: am 12. November im Planungsausschuss, am 19. November und 21. November im Verkehrsausschuss und abschließend am 26. und 29. November, im Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur und Verwaltung. Die Regionalversammlung soll den Haushalt 2025 des Verbands Region Stuttgart am Mittwoch, den 17. Dezember, beschließen. Alle 104 Anträge finden Sie Sitzungstermin - SD.NET RIM | Verband Region Stuttgart