Die coronabedingte Sitzungspause der Ausschüsse und Regionalversammlung ist beendet. So tagte am Mittwoch, den 22. April als erstes der Verkehrsausschuss im Hospitalhof unter Einhaltung des empfohlenen Mindestabstands. Als erstes beschäftigte sich das Gremium mit den Auswirkungen der Pandemie auf den S-Bahnverkehr in der Region. Um während der Pandemie ein verlässliches Grundangebot dauerhaft zu gewährleisten, wurde in Abstimmung zwischen dem Bundesministerium für Verkehr, den Verkehrsministern der Länder und der Deutschen Bahn AG ein gemeinschaftliches Vorgehen verabredet.
Auswirkungen auf den Fahrplan
Ein stabiler S-Bahnverkehr, der die um 80% gesunkene Fahrgastnachfrage verlässlich bewältigen kann, war das Ziel bei der Anpassung des Fahrplanangebots auf einen Halbstundentakt ab 24. März. Wo es möglich war, wurde mit der maximalen Kapazität von drei Triebwagen gefahren. Maßgabe war es, auch bei einem erhöhten Krankenstand des Betriebspersonals, über viele Wochen ein stabiles Angebot bieten zu können. Aufgrund der konsequenten Beobachtung der betrieblichen Situation konnten ergänzende Maßnahmen ergriffen werden. So wurde die S60, die bisher in Renningen endetet nach Leonberg verlängert und auf der S4 eine verbesserte Langzugverbindung angeboten.
Weitere Verbesserungen des stabilen Grundangebots werden seit dem 20. April durch ein zusätzliches Plus-Modul erreicht. Dieses ergänzt auf der S1, S3 und S4 den halbstündigen Grundtakt in der Hauptverkehrszeit um Zwischentakte mit Vollzügen. Die S2 wird durch die Maßnahmen auf der S3 ergänzt. Die S5 wird durch den Schienenpersonennahverkehr des Landes ergänzt. Für die S60 wird geprüft, ob eine oberirdische Weiterführung der Zwischentakte am Stuttgarter Hauptbahnhof möglich ist. Seit dem 20. April werden mehr als 80 Prozent des Gesamtverkehrs gefahren.
Im Vorfeld der Sitzung hatte die SPD per Dringlichkeitsantrag die Ausweitung des 15-Minutentakts in der Hauptverkehrszeit auf allen Linien gefordert. Zudem sollte auch Fahrgästen ohne 1. Klasse-Ticket der Zugang zur ersten Klasse gewährt werden. Das Gremium lehnte dies mehrheitlich ab. Der Antrag der Grünen, die Werbemaßnahmen zum Tragen eines Mundschutzes zu intensivieren, wurde mehrheitlich befürwortet. Ebenfalls auf Antrag der Grünen wurde die Geschäftsstelle mehrheitlich beauftragt, Gespräche mit den Tarifpartnern aufzunehmen, um Anreize zu schaffen die Kunden in Abonnements zu halten.
Unabhängig davon waren der Verband Region Stuttgart und S-Bahn Stuttgart in ständiger Abstimmung, um weitere Verbesserungen zu erarbeiten und einen stabilen Fahrplan zu bieten. So wurde beschlossen die S-Bahn ab 11. Mai wieder im gewohnten Takt verkehren zu lassen, inklusive der Flughafenfrühanbindung. Einzig der Nachtverkehr bleibt weiterhin ausgesetzt. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Situation weiterhin stabil bleibt und sich die positive Entwicklung fortsetzt.
Wirtschaftliche Auswirkungen auf die S-Bahn
Bedingt durch gesunkene Fahrgelderlöse, Unsicherheiten über die Auszahlung der vereinbarten Zuschüsse für die verkehrsvertraglichen Leistungen und die Anwendung der Strafzahlungsregelungen entstehen bei der S-Bahn finanzielle Folgen. Der Regionalversammlung war die langfristige finanzielle Absicherung des S-Bahnverkehrs in der Region stets ein zentrales Anliegen. Daher hat die Geschäftsstelle des Verbands die Zahlung der bisherigen Abschläge für den Verkehrsvertrag unter Vorbehalt weiterhin vorgesehen. Analog zu den anderen Aufgabenträgers für den Schienenpersonennahverkehr in Deutschland soll ein Modell entwickelt werden, um die finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie abzumildern.
Diskussion
Rainer Ganske (CDU/ÖDP) befürwortete die ergriffenen Maßnahmen, insbesondere in Bezug auf das stabile Grundangebot. „Es ist wichtiger zu wissen, dass eine S-Bahn kommt, als eine Stunde vergeblich zu warten“, betonte Ganske. Wenn das öffentliche Leben wieder hochgefahren werde, so müsse auch das Angebot angepasst werden. Zudem befürwortete er das Vorgehen, das finanzielle Risiko solidarisch mit der S-Bahn zu tragen. Dies sei nicht selbstverständlich und zeige: „Wir stehen in Krisenzeiten zusammen.“ Für Prof. Dr. André Reichel (Grüne) war das Vorgehen zur Angebotsanpassung nachvollziehbar. Erfreulich sei, dass man nun eine klare Perspektive habe, wie man das Angebot wieder normalisieren könne. Er bat die Geschäftsstelle sich gemeinsam mit den Partnern im VVS Gedanken zu machen, wie man die Menschen im ÖPNV halten könne. Er habe aktuell die Sorge, dass die Menschen verstärkt wieder auf das Auto ausweichen. „Es wäre fatal, wenn die positive Fahrgastentwicklung einbrechen würde.“ Frank Buß (Freie Wähler) betonte: „Es gab keine Blaupause für die aktuelle Situation.“ Daher sei die Anpassung zur Sicherung des Angebots richtig gewesen. Er appellierte, gemeinsam mit dem Land einheitliche Lösungen zu suchen. Vor Geschenken an Abonnementkunden warnte Buß, da man damit zum einen den Druck auf die Bundespolitik senken würde, zum anderen die Kommunen zusätzlich belaste.
Für Harald Raß (SPD) müssten derzeit alle ihren Beitrag leisten, daher sei es wichtig sich auf allen Seiten zu bewegen. Man dürfe nicht nur den Verkehrsunternehmen Entgegenkommen signalisieren, sondern auch den Abonnementkunden gegenüber. „Die Abonnementkunden sind das Rückgrat der Verkehrsfinanzierung“, betonte Raß. Holger Dorn (AfD) stellte alle Maßnahmen unter den Vorbehalt der Bezahlbarkeit und Machbarkeit, dies gelte insbesondere für Anreize für Abonnementkunden. „Es ist eine Leistung erbracht worden und ein Gegenwert für die Fahrgäste vorhanden“, konstatierte Dorn. Armin Serwani (FDP) warnte vor einem Alleingang des VVS im Bezug auf die Abonnements. „Alle Verbünde in Baden-Württemberg, ja in ganz Deutschland, müssen sich abstimmen“, appellierte Serwani. Laut Wolfgang Hoepfner (DIE LINKE/PIRAT) sei ein Verlust der Abonnementkunden langfristig finanziell schwerer zu verkraften als Anreize, daher appellierte er eindringlich dafür.
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