STUTTGART: Ab 1. Januar 2017 sollen die VVS-Tickets um durchschnittlich 1,9 Prozent teurer werden. Die Mitglieder des Verkehrsausschusses haben diese, seit 2001 niedrigste Tariferhöhung, heute zur Kenntnis genommen. „Dennoch führe die Ticket-Erhöhung zu einer spürbaren Mehrbelastung der VVS-Kunden“, so die Auffassung des Verbands Region Stuttgart. Die verbindliche Entscheidung treffen die Gremien des VVS am 26. Juli.
Die Frage, wie sich die Erhöhung auf die einzelnen Ticketkategorien verteilen soll, sorgte für ausführliche Diskussionen im Verkehrsausschuss. Denn der Aufsichtsrat der SSB AG hatte sich in der letzten Woche gegen eine geplante Verteuerung des 9.00 Uhr-Umwelttickets ausgesprochen. Dadurch würden Einnahmen von rund 420.000 Euro im VVS-Topf fehlen. Um diese Lücke an Fahrgeldeinnahmen zu schließen, sollen nun die Monats- und Jahrestickets im Berufsverkehr (ohne zeitliche Begrenzung) überproportional um bis zu 2,4 Prozent teurer werden. Das ist der falsche Weg, fand die Mehrheit der Regionalpolitiker und lehnte diesen Vorschlag ab. Grünes Licht gab’s mehrheitlich für das „Feinstaub-Ticket“. Eigentlich handele es sich um ein „Frischluft-Ticket zum halben Preis“, brachte es Stammler auf den Punkt. Dieses Ticket soll versuchsweise und ausschließlich an Tagen mit Feinstaubalarm, einen Anreiz für Autofahrer bieten, auf Busse und Bahnen umzusteigen.
Reform der Sektorengrenzen kommt auf die Tagesordnung
VVS-Geschäftsführer Horst Stammler kündigte an, dass der seit Langem vom Verband Region Stuttgart geforderte Wegfall der Sektorengrenzen innerhalb der Traifzonen (Zonen 30 bis 70) bei der Tarifrunde 2018 aufgerufen werde. Unter der Federführung des VVS solle zunächst ein Symposium stattfinden. Damit soll der Anstoß für eine breite verkehrspolitische Diskussion zur Reform der Zonenstruktur gegeben werden. Unter Berücksichtigung von Einnahmeausfällen und möglichen Mehreinnahmen bliebe beim Wegfall der Sektorengrenzen ein Minus von 3,6 Millionen Euro bis 4,2 Millionen Euro, rechnete Stammler vor.
Rainer Ganske (CDU) erkannte die Bemühungen des VVS an, die regionalpolitischen Vorstellungen bei der Tarifgestaltung zu berücksichtigen, zum Beispiel durch die Einführung des Azubi-Tickets. „Wenn die SSB AG den Wunsch hat, den Preis für das 9-Uhr-Umwelt-Ticket nicht zu erhöhen, lassen Sie uns alle ins Risiko gehen“, begründete er seine Ablehnung, den Berufstätigen tiefer in die Tasche zu greifen. Die Tariferhöhung sei unter dem Aspekt der S-Bahn-Probleme angemessen, so Eva Mannhardt (Grüne). Das Feinstaubticket stelle einen „Tagesanreiz“ dar, ÖPNV zu fahren. Das 9.00-Uhr-Umweltticket solle zu einem Berufsticket umgewandelt werden.
Die SPD hält eine Tariferhöhung im Jahr 2017 nicht für notwendig“, sagte Thomas Leipnitz (SPD). Die Kassen des VVS seien voll. Mit einem Finanzierungsanteil der Fahrgäste von über 60 Prozent sei „die Schallmauer“ durchbrochen. Er machte ein dickes Fragezeichen hinter das Feinstaub-Ticket. Bernhard Maier (Freie Wähler) sieht die DB Regio als eigentlichen Gewinner der Tarifsteigerungen der letzten Jahre. Berufspendler sollten nicht stärker belastet werden. Sollte auch 2017 ein Fahrgastzuwachs von 3 Prozent erreicht werden, werde das fehlende Geld in die Kasse gespült. Ingo Mörl (Piraten/Die Linke) kritisierte, dass die Tarifsteigerung erneut „jenseits der Inflation“ liege. Er sprach sich für ein Sozialticket aus. „Für eine Tariferhöhung spricht lediglich eine Leistungserhöhung“, begründete Armin Serwani (FDP) die Ablehnung seiner Fraktion. Der Kostendeckungsgrad sei „enorm gestiegen“. Dr. Burghard Korneffel (Innovative Politik) warb für attraktive Tarife nach dem Beispiel der Stadt Wien, um mehr Menschen für den ÖPNV zu begeistern.
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