91 Anträge haben die Fraktionen und Gruppen heute zu den Haushaltsberatungen 2017 des Verbands Region Stuttgart gestellt. Der Budgetentwurf mit seinen Schwerpunkten, wie ihn Regionaldirektorin Dr. Nicola Schelling Ende September eingebracht hat, hat ein Gesamtvolumen von fast 350 Millionen Euro.
Mit ihren Anträgen setzen die Regionalpolitiker Akzente in der ganzen Bandbreite regionaler Themen, bei der S-Bahn, der Mobilisierung von Wohn- und Gewerbeflächen, der VVS-Tarifstruktur oder der Versorgung mit Breitband für schnelles Internet.
Nahezu alle Fraktionen und Gruppen beschäftigen sich mit den längerfristigen Perspektiven für das Schienennetz in der Region Stuttgart, darunter vor allem der Verbindung von den Fildern ins Neckartal. Die CDU fordert eine umsteigefreie Verbindung vom Osten der Region, speziell aus dem Landkreis Göppingen, zum Filderbahnhof. Ins gleiche Horn stößt die SPD-Fraktion mit ihrem Antrag, für den Bereich zwischen den Fildern und Kirchheim/Teck, Nürtingen und Plochingen eine Teilraumuntersuchung anzustoßen. Den Vorschlag, eine Tangentiallinie aus dem Raum Böblingen über den Flughafen ins Neckartal zu untersuchen, unterbreiten die Freien Wähler. Als Entlastung für die S-Bahn-Stammstrecke spricht sich Bündnis 90/Grüne für eine Direktverbindung zwischen Leonberg (Weil der Stadt/Böblingen) und Ludwigsburg (Bietigheim/Marbach/Backnang) über die Trasse „Salzweg“ aus. Die Fraktion Die Linke bringen eine Tangentialverbindung zwischen Stuttgart-Vaihingen und Filderstadt ins Gespräch. Den Ringschluss der S2 und der S1 bringt die FDP auf die regionalpolitische Tagesordnung. Und die Gruppe Innovative Politik beantragt, die Schnellfahrstrecke zwischen Filderbahnhof und Neckartal viergleisig zu bauen. In Bezug auf VVS-Ticketangebote fordert unter anderem die AfD ein regionales Konzept für ein Sozialticket.
CDU: Güterverkehr strategisch neu aufstellen
„Was die leidigen Themen Pünktlichkeit und Störungen betrifft, sehen wir die Bahn in der Pflicht“, machte Rainer Ganske (CDU) deutlich. ETCS sei ein „probates Mittel, allerdings kein Allheilmittel“. Die Finanzierung sei Aufgabe der Bahn. „Wir haben eine pünktliche S-Bahn bestellt und lassen uns nicht mit Verweisen auf unterschiedliche Konzerntöchter abspeisen.“ Er forderte ein Interimskonzept für die Panoramabahn. Während im ÖPNV die Weichen gestellt seien, gelte es, den Güterverkehr strategisch auszurichten. Bei der Aktivierung von Gewerbeflächen sehe die CDU-Fraktion „dringenden Handlungsbedarf“. Beim Wohnungsbau funktioniere der „atmende Regionalplan. Es sei keine Neujustierung notwendig, aber ein jährlicher Sachstandsbericht oder ein Wohnbaugipfel. Der Plattformprozess zur Internationale Bauausstellung (IBA) sei auf der Zielgeraden und damit „am Anfang der eigentlichen Arbeit“.
Grüne: Gezielte Informationen zu verdichtetem Bauen
Die im Regionalplan vorhandenen Flächen für Wohnen und Gewerbe sollten ökologisch und zukunftsweisend bebaut werden, führte Professor Dr. André Reichel (Grüne) aus. Anhand guter Beispiele müsse für höhere Dichtevorgaben geworben werden. Im Grundsatzbeschluss der Regionalversammlung zur Einführung des 15-Minuten-Takts erkennt er „einen wichtigen Schritt für die regionale Verkehrswende hin zum ÖV“. Mit der Kritik seiner Fraktion an der unbefriedigenden Situation beim S-Bahn-Betrieb verknüpfte er die Forderung nach einem S-Bahn-Gipfel in der ersten Jahreshälfte 2017. Bis dahin sollten konkrete Maßnahmen umgesetzt sein. Er erwartet „in erster Linie das klare Bekenntnis der DB zur Einführung von ETCS auf der Stammstrecke.“ Die Nutzerfinanzierung des ÖPNV über VVS-Ticketeinnahmen sei an eine Grenze gekommen. Deshalb bedarf es Änderungen des VVS-Tarifsystems.
SPD: Aktivitäten in der nachhaltigen Region bündeln
„Unsere S-Bahn ist in einem Zustand, wie wir sie nicht wollen“, monierte auch Harald Raß für die SPD-Fraktion. Die Ergebnisse der S-Bahn-Gipfel seien „bescheiden“ und lägen hinter den Erwartungen zurück. Auch er sieht eine Grenze bei der Nutzerfinanzierung des ÖPNV erreicht. Die Anträge seiner Fraktion zum VVS-Tarif knüpften an den Initiativen zum Jobticket und zum Sozialticket an. Bei einer Internationalen Bauausstellung (IBA) „wollen wir die Gestaltungsmöglichkeiten der Bürger und Bürgerinnen stärker fördern.“ Die zahlreichen Ansätze der Region zum Thema Nachhaltigkeit sollten gebündelt werden. Dann könne ausgelotet werden, „wie wir in regionaler Zuständigkeit diese Ziele noch sorgfältiger beschreiben und dann auch ausbauen können.“
Freie Wähler: Mehr Bauland notwendig
Der Haushaltsplan sei „wenig spektakulär“ und basiere weitgehend auf Beschlüssen der Gremien, stellte Gerd Maisch (Freie Wähler) fest. Er kritisierte die Höhe der Rücklagen. Ein möglicherweise höherer Anteil an Regionalisierungsmitteln sei nicht zwangsläufig für die Verbesserung des S-Bahn-Angebots, wie den 15-Minuten-Takt, vorzusehen. Dieser sei dazu da, „unsere finanziellen Belastungen reduzieren und Preissteigerungen abzufangen.“ Statt Fahrverbote solle „lieber an sinnvollen, leistungsfähigen und wirkungsvollen Infrastrukturprojekten“ gearbeitet werden. Die Region braucht mehr Bauland für Wohnen und Gewerbe, denn die Flächen im Regionalplan würden nicht ausreichen. Beim Breitbandausbau sieht Maisch den Verband Region Stuttgart in einer koordinierenden Rolle.
Linke: Dichtere Bebauung von Wohnflächen
Boden ist eine leicht zerstörbare Ressource, begründete Christoph Ozasek den Antrag der Fraktion Die Linken nach einer Anhebung der Bruttowohndichtewerte im Regionalplan. Er forderte darüber hinaus, „Bus on Demand“-Lösungen, ein VVS-Sozialticket, die Erfassung verbliebener Industriegleise sowie den „Umstieg 21“.
FDP: Neue Finanzierungsgrundlage für die Region
Der Haushalt sei solide aufgestellt, genüge aber nicht den Anforderungen für 2017, stellte Gudrun Wilhelm für die FDP-Fraktion fest. Sie forderte eine Finanzierungsreform für die Region, die ohne Umlagen auskommt. Ein Modell für eine „Informationsregion“ sei erforderlich. Sie plädierte für den schnellen Ausbau der Breitbandversorgung, den raschen Bau von Wohnungen und die Verbesserung des ÖPNV-Systems.
AfD: Freude über Grundfinanzierung für Gruppen
Stephan Schwarz (AfD) freute sich über die heute beschlossene Grundfinanzierung für Gruppen. Viele Projekte des Haushalts würden von seiner Gruppe unterstützt, darunter die IBA. Eine ernstgemeinte Bürgerbeteiligung sei allerdings notwendig.
Innovative Politik: Meinungsvielfalt sichern
Für Innovationen bei der Infrastruktur, darunter das moderne Signalsystem CBCT 4, sowie Sicherheit im S-Bahn-System, spricht sich Ulrich Deuschle (Republikaner/Innovative Politik) aus. Der regionale Mehrwert einer IBA müsse deutlich werden, auch die Meinungsvielfalt in der Region sei wichtig.
Zeitplan der Haushaltsberatungen
Die Haushaltsberatungen werden in den Ausschüssen fortgesetzt, am Mittwoch, 9. November (15.30 Uhr, Planungsausschuss), Mittwoch, 16. November und Freitag, 18. November (jeweils 15.00 Uhr, Verkehrsausausschuss) und am Mittwoch, 23. November sowie Mittwoch, 30. November (jeweils 15.00 Uhr, Wirtschaftsausschuss). Die Regionalversammlung soll den Haushalt 2017 am Mittwoch, 7. Dezember, verbschieden.
Pressemitteilung (als pdf-Datei)