Der Verkehrsausschuss des Verbands Region Stuttgart hat am Mittwoch die Ergebnisse einer Studie über mögliche Betriebsvarianten der Schusterbahn für den Zeitraum bis zur Inbetriebnahme von Stuttgart 21 diskutiert. Die Entscheidung, ob das Angebot zeitlich und räumlich erweitert wird, fällt voraussichtlich im Juli. Man möchte dies nochmals im Hinblick auf alle Herausforderungen und im Zusammenhang mit weiteren geplanten Verkehrsmaßnahmen erörtern. Dennoch wird der Stundentakt zwischen Untertürkheim und Kornwestheim ab dem Fahrplanwechsel im Dezember bereits vorsorglich für den zukünftigen Fahrplan angemeldet, entschied der Ausschuss.
Die Regionalfraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, SPD, FDP und die Linke/Pirat hatten vor einer Woche unter anderem beantragt, zwischen Untertürkheim und Kornwestheim ab dem Fahrplanwechsel im Dezember einen ganztägigen Stundentakt einzuführen. Dies wäre mit geschätzten Kosten von 1,8 Millionen Euro und zusätzlich 500 neuen Fahrgästen pro Tag verbunden. Insgesamt könnten dann auf der Strecke rund 1.500 Fahrgäste unterwegs sein, berichtete der Verkehrsdirektor Dr. Jürgen Wurmthaler. Zudem beantragten die Fraktionen, ein Jahr später den Verkehr mit einem ganztägigen Stundentakt von Bietigheim-Bissingen über Ludwigsburg bis nach Esslingen auch räumlich auszuweiten. Hierfür würden rund 4,6 Millionen fällig, man rechnet mit rund 2.500 weiteren Fahrgästen. Die gesamte Fahrgastzahl bis zum Jahr 2030 könnte dann täglich etwa 6.000 bis 7.000 Fahrgäste betragen.
Bereits im Mai 2020 zielte ein interfraktioneller Antrag auf eine kurzfristige Ausweitung des Angebotes zwischen Bietigheim-Bissingen und Plochingen als S-Bahn Linie S11 ab. Daher ließ der Verband Region Stuttgart als Aufgabenträger für die Schusterbahn Optionen für einen Halbstundentakt auf dieser Strecke unter derzeitigen infrastrukturellen Rahmenbedingungen für den Zeitraum zwischen 2023 und 2025 von der DB Netz prüfen. Auch zuvor wurde bereits mehrfach der Wunsch aus der Regionalversammlung laut, das Angebot zeitlich und räumlich zu erweitern. Vor Jahren hatte sie jedoch entschieden, das Vorhaben zugunsten eines Viertelstundentaktes bei der S-Bahn zurückzustellen - dieser ist seit letztem Dezember werktäglich vollständig umgesetzt. Für weitere Entscheidungen wollte man damals das Fahrplankonzept und die Entwicklung der Verkehrsnachfrage nach Inbetriebnahme von S 21 abwarten. Die Schusterbahn verzeichnete vor der Corona-Pandemie zuletzt täglich rund 500 Fahrgäste.
Ergebnisse der Betriebsprogrammstudie
Kurzfristig können im Rahmen des bestehenden Verkehrsvertrags weitere Fahrten für einen ganztägigen Stundentakt zwischen Kornwestheim und Untertürkheim oder alternativ zwischen Bietigheim-Bissingen und Esslingen hinzubestellt werden. Für ein stündliches 7-Tage-Angebot fehlt jedoch ein angemessenes Zeitfenster für Wartungsarbeiten an dem einzigen Fahrzeug, das derzeit die Strecke bedient. Ein darüberhinausgehendes Angebot auf der Schusterbahn hinsichtlich Linienführung und Takt erfordert vor allem den Ausbau der Bahninfrastruktur, aber auch weitere Fahrzeuge sowie eine Neuausschreibung des Zusatzverkehrs.
Darüber hinaus wird eine Betriebssimulation für die stark befahrene Strecke empfohlen. Denn derzeit besteht eine starke Konkurrenz auf der gesamten Strecke insbesondere mit dem Güterverkehr, aber auch mit dem Fern- und Regionalverkehr. Dieser macht einen Halbstundentakt von Bietigheim-Bissingen nach Plochingen unmöglich, eine Nutzung der S-Bahn-Gleise ist wegen der unterschiedlichen Ein- und Ausstiegshöhen an den Bahnsteigen ausgeschlossen.
Infrastrukturell grundsätzlich umsetzbar – wenngleich konfliktbehaftet mit dem übrigen Zugverkehr auf der Strecke – wären ein Stundentakt von Bietigheim-Bissingen nach Esslingen oder ein Halbstundentakt von Ludwigsburg nach Untertürkheim, beides jedoch nur mit zusätzlichen Fahrzeugen. Und wenn die Schusterbahn bis nach Ludwigsburg oder darüber hinaus verkehrt, müssten die Züge in Fahrtrichtung Süd den Bahnhof Kornwestheim über den Rangierbahnhof umfahren.
Stimmen aus den Fraktionen
Elke Kreiser (CDU/ÖDP) sagte: „Es ist wichtig, dass die Schusterbahn als ‚Insiderbähnle‘ nun aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt wird.“ Grundsätzlich begrüßte sie die beantragten Maßnahmen, um dies zu beschleunigen. Die Möglichkeit, mit der Bahn Stuttgart radial zu umfahren, sei ebenfalls ein großes Anliegen ihrer Fraktion. Dennoch seien die Machbarkeit und die finanziellen Auswirkungen und zu beachten, denn „die Millionen dafür sind umlagerelevant“. Kreiser fand den Vorschlag daher richtig, die Maßnahmen im Juli gesamthaft zu diskutieren. Philipp Buchholz (Bündnis 90/Die Grünen) verwies auf ein hohes Fahrgastpotenzial. „Wir sollten nun schnell agieren und die Schusterbahn in einem Stufenkonzept ausbauen“, begründete er den interfraktionellen Antrag. Man habe „viel vor“ mit der Schusterbahn. Nach der Fertigstellung von Stuttgart 21 solle sie zwischen Bietigheim-Bissingen und Plochingen überall halten. Buchholz weiter: „Kornwestheim darf nicht abgehängt werden.“ Er forderte daher, notwendige Ausbauvorhaben in die Infrastruktur rasch anzugehen. Bernhard Maier (Freie Wähler) hingegen meinte: „Wir sollten uns über die Realitäten im Klaren werden.“ Und weiter: „Die Strecke verfügt über keine ausreichende Infrastruktur für den ÖPNV, sie hat keine Wirtschaftlichkeit, es fehlt an Fahrgästen und es gibt keine echte Entlastung der S-Bahn.“ Maier stellte die Sinnhaftigkeit insbesondere bei einer Umfahrung von Kornwestheim infrage. Der interfraktionelle Antrag sei so nicht beschlussfähig und er mahnte mehr Sorgfalt für eine Entscheidung an. Thomas Leipnitz (SPD) konstatierte: „Die Zeit ist reif, erste Schritte zu gehen für Verbesserungen auf der Schusterbahn“. Der „eigentliche Quantensprung“ sei der ganztägigen Stundentakt von Bietigheim-Bissingen nach Esslingen in der zweiten Stufe. Parallel dazu solle man den Ausbau der Infrastruktur zügig angehen, insbesondere am Bahnhof Münster. Abstimmungen zu einer möglichen Verknüpfung mit einer reaktivierten Markgröninger Bahn seien wünschenswert. Armin Serwani (FDP) kommentierte den interfraktionellen Antrag: „Wir haben uns zusammengefunden, um die Schusterbahn zu stärken und Verbesserungen auf den Weg zu bringen.“ Dennoch signalisierte er Zustimmung, den Antrag in einer Klausursitzung im Juli zu behandeln. Holger Dorn (AFD) sieht „noch eine Menge Diskussionsbedarf“ und begrüßte eine Vertagung auf die Klausursitzung. Grundsätzlich sei es attraktiv, eine Umfahrung von Stuttgart anzubieten. Eine Anbindung an Bietigheim und Plochingen bewertete Dorn als „schwierig“. Für Wolfgang Hoepfner (Die Linke/Pirat) hat die Schusterbahn „großes Fahrgastpotenzial zu relativ überschaubaren Kosten.“ Man müsse rasch handeln. „Die Schusterbahn hat eine große Bedeutung als Tangente, Ausweichstrecke und Entlastung für die S-Bahn.“
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