Der Verband Region Stuttgart wird seine Klage gegen den Bau einer Biogasanlage in Nürtingen aufrechterhalten. Das hat der Planungsausschuss heute mit deutlicher Mehrheit bei vier Gegenstimmen beschlossen. Die Biogasanlage soll im Bereich „Großbettliner Gatter“ in einem regionalen Grünzug entstehen, in dem nach dem Regionalplan grundsätzlich nicht gebaut werden darf. Während der Planungsausschuss diesen Standort auf einer einsehbaren Kuppe ablehnte, hatte sich das Regierungspräsidium Ende letzten Jahres in einem Zielabweichungsverfahren über die Vorgaben des Regionalplans hinweggesetzt und grünes Licht gegeben. Der Verband Region Stuttgart hatte dagegen beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage eingereicht. Dadurch sollte Zeit gewonnen werden, um das Für und Wider im Planungsausschuss zu diskutieren. Den Ausschlag dafür, die Klage aufrecht zu erhalten gab, dass sich die Mehrheit der Regionalräte nicht mit der Verlegung des Standorts aus dem Wald aufs freie Feld abfinden will.
Auch Planungsdirektor Thomas Kiwitt kritisierte das Verfahren. Diese Verlegung des Standorts könne keineswegs als „unwesentlich“ bezeichnet werden, wie es das Regierungspräsidium formulierte. Eine rechtliche Klarstellung sei hilfreich. Da es keinen alternativen Standort gebe, empfahl er allerdings, die Klage zurückzunehmen. Er wies darauf hin, dass die Energiewende dafür sorgen werde, dass zunehmend Anlagen und Trassen auf freiem Feld gebaut werden. Aufgabe der Regionalplanung sei es, die Eingriffe auf ein Mindestmaß zu beschränken.
Den ursprünglichen Standort im Wald will der Planungsausschuss noch nicht ganz aufgeben. Obwohl dort Baumfalken brüten sollen, fand der CDU-Antrag eine Mehrheit, mit allen beteiligten Behörden Kontakt aufzunehmen, um diesen Standort vielleicht doch noch zu ermöglichen.
Udo Goldmann (CDU) verwies auf die „grundsätzliche Bedeutung“ des Vorhabens. Er beantragte für die CDU-Fraktion, die Klage aufrechtzuerhalten. „Die grundsätzlichen Positionen der Raumplanung werden hier in erheblichem Umfang verletzt.“ Der neue Standort sei ohne raumordnerische Prüfung ermittelt worden.
Matthias Hahn (SPD) erinnerte daran, dass der Planungsausschuss im Dezember 2010 den Weg für einen Standort im Wald freigemacht hatte. Der neue einsehbare Standort am „Großbettlinger Gatter“ wurde später eindeutig abgelehnt. „Davon gibt es nichts zurückzunehmen“. Deshalb solle eine Klage Klarheit bringen. „Denn der nächste Fall kommt und verweist auf die exponierte Lage in Nürtingen.“
Die Sorge seiner Fraktion richte sich nicht gegen die Technologie, sondern gegen den Standort, sagte Alfred Bachofer (Freie Wähler). „Es bedarf einer sorgfältigeren Prüfung, wenn wir über unsere eigenen Vorgaben hinweggehen.“ Auch der Standort im Wald sei kritisch, aber er sei weniger schlecht.
Dorothee Kraus-Prause (Grüne) zeigte sich enttäuscht darüber, dass ein regionsweiter Suchlauf nicht stattgefunden hatte. Sie plädierte für den Teil der Grünen-Fraktion, der die Klage aufrechterhalten wollte. Ingrid Grischtschenko (Grüne) kam bei ihrer Abwägung zu dem Schluss, dass der Energieversorgung Vorrang einzuräumen ist. Sie sprach sich dafür aus, die Klage zurückzunehmen.
Wie muss in diesen Fällen mit entgegenstehenden Belangen umgegangen werden? Wie kann der Standort im Wald doch noch zum Zug kommen? Das sind die beiden zentralen Fragen, die es nach Jürgen Hofer (FDP) zu klären gilt.
Christoph Ozasek (Linke) störte sich an einem „gehörigen Maß an Willkür“. Die Stadt Nürtingen „pfeift auf den Regionalplan“. Das sei befremdlich. Er sieht „einen eklatanten Fall von lokaler Kirchturmspolitik“.
Ulrich Deuschle (Republikaner) machte „riesengroße Schwierigkeiten“ zwischen der Energiewende und der praktischen Umsetzung aus.
Presseinformation (als pdf)