Der Verband Region Stuttgart wird seinen Entwurf der Allgemeinen Vorschrift zur Finanzierung des VVS-Tarifs in den Bussen der Region weiterentwickeln. Das hat die Regionalversammlung mit breiter Mehrheit von CDU, SPD, Freien Wählern, Grüne und FDP heute beschlossen. Die fünf Mitglieder von Linken und Republikanern stimmten dagegen.
Seit 1993 gilt im Gebiet des Verkehrs- und Tarifverbunds Stuttgart GmbH (VVS) ein Ticket in Bussen und Bahnen. Das sei für Fahrgäste einfacher und billiger, erläuterte Wirtschaftsdirektor Dr. Jürgen Wurmthaler. Doch müsse jemand einerseits die etwa 130 Millionen Euro an Fahrgeldeinnahmen an die regionalen Busunternehmen verteilen. Und andererseits die Zuschüsse übernehmen, um das kostenfreie Umsteigen zu finanzieren. Das mache der Verband Region Stuttgart seit fast 20 Jahren.
Eine Satzung statt zahlreicher Verträge und Vereinbarungen
Das Dickicht aus 40 Einzelverträgen und über 150 weiteren Vereinbarungen, die jeweils von der Region, den Busunternehmern und den VVS-Landkreisen geschlossen wurden, möchte der Verband Region Stuttgart nun mit nur einer Satzung, der Allgemeinen Vorschrift, lichten. Daran arbeitet er seit Anfang 2010 auf der Grundlage einer EU-Verordnung vom Dezember 2009 im Dialog mit den Partnern im VVS. Sie ermöglicht die allgemeinverbindliche Regelung der erwähnten tarifbedingten Finanzierungsleistungen unabhängig von wettbewerblichen Verfahren zum Betrieb der Busverkehre. „Klar ist, mit einer Allgemeinen Vorschrift werden keine Busverkehre bestellt und für deren Bestellung auch keine Zuschüsse bezahlt“, unterstrich Dr. Jürgen Wurmthaler. Das sei derzeit weiterhin Sache der Aufgabenträger, also der Landkreise. Vielmehr „stellen wir Transparenz und Klarheit her, indem wir die Verantwortlichkeiten zwischen Aufgabenträgern und Finanzierungsträgern klar trennen. Dr. Wurmthaler stellte klar: „Unser Prinzip heißt: Zusammenarbeit durch Arbeitsteilung.“
Die VVS-Landkreise hatten verlangt, dass der Verband Region Stuttgart nur dann eine Allgemeine Vorschrift als Satzung erlassen könne, wenn die Kreistage dies einstimmig erlauben würden. „Würde keine Einstimmigkeit erzielt, bliebe de facto ein Veto-Recht der Landkreise“, führte Wirtschaftsdirektor Dr. Jürgen Wurmthaler aus. „Was würde also passieren, wenn man sich auch in einem noch so kleinen Detail nicht einig würde? Gar nichts“, so seine Folgerung.
Doch es besteht Handlungsbedarf. Ende 2014 läuft ein gewichtiger Teil der Verkehrsverträge aus. Um allen Beteiligten Planungssicherheit zu geben, solle nun die Allgemeine Vorschrift im Dialog mit den Verbundpartnern weiterentwickelt werden. Dabei soll der Vorsitzende des Verbands Region Stuttgart, Thomas S. Bopp, Verkehrsminister Winfried Hermann bitten, zu vermitteln. Außerdem soll gemeinsam mit dem VVS ein neutrales Gutachten in Auftrag gegeben werden, das Grundlagen zur Verteilung der Fahrgeldeinnahmen erhebt. Ein weiteres Treffen beim VVS ist schon lange geplant und soll noch im Juli stattfinden.
Rainer Ganske (CDU) sprach von „einem Sperrfeuer“ der Landräte bei einem an sich „harmlosen Thema“. Der Verband Region Stuttgart war und ist für die Finanzierung der Verbundstufe II zuständig und nehme diese Zuständigkeit mit der Allgemeinen Vorschrift wahr. „Wir wollen die mittelständische Bus-Unternehmensstruktur erhalten und unterstützen.“ Die Region habe bisher Gespräche geführt und werde dies auch weiterhin tun. Die unterschiedlichen Standards beim Nachtverkehr in den Landkreisen belegen, dass „ein ÖPNV aus einem Guss“ notwendig ist.
„Transparenz, Vereinfachung und Rechtssicherheit“, lauten die Stichworte aus Sicht von Harald Raß (SPD). Er erinnerte an die einstimmigen Beschlüsse des Verkehrsausschusses, diese Allgemeine Vorschrift auf den Weg zu bringen. „Das verbindliche Einvernehmen beschwört herauf, dass im schlimmsten Fall gar nichts passiert.“ Durch die Landräte sei „eine unangemessene Drohkulisse“ aufgebaut worden.
„Spät kommt die Einsicht, doch sie kommt“, sagte Bernhard Maier (Freie Wähler) mit Blick auf die Bitte um Vermittlung durch Minister Winfried Hermann. „Die Allgemeine Vorschrift ist zu wichtig, um als Spielfeld der Eitelkeiten zu dienen. Daran hängt die Zukunft der Busunternehmen.“ Deshalb müsse die Allgemeine Vorschrift „rechtssicher und verlässlich“ erlassen werden. Es läge daher nahe, dass Region und Landkreise, die Allgemeine Vorschrift gemeinsam erließen.
Eva Mannhardt (Grüne) fragte sich „wer da eigentlich die partnerschaftliche Zusammenarbeit in Frage stellt und wer da den Weg des Konsenses verlässt. Vor allem fragen wir uns, wer die Landräte zu diesem durchaus folgenschweren Vorgehen legitimiert.“ Für ihre Fraktion sei klar: „Der Verband Region Stuttgart ist zuständig“, daran gebe es keine Zweifel.
Die Fahrgäste hätten „einen Anspruch darauf, dass das Thema nicht zur Spielwiese machtpolitischen Geplänkels wird“, sagte Kai Buschmann (FDP). „Die Allgemeine Vorschrift, die eine Unzahl von Einzelregelungen ablöst, ist eine gute Idee.“ Sie sollte durch „Region und Kreise als gleichberechtigte Partner“ erarbeitet werden.
Wolfgang Hoepfner (Linke) sagte „Es sollte auf allen Seiten – auch auf der Seite des Verbands Region Stuttgart – einzig und allein um die Regelung der Finanzierungsströme gehen. „Das Einschalten eines Schiedsrichters ist ein Armutszeugnis.
„Dem Verband Region Stuttgart alleine fehlt die Befugnis, eine Allgemeine Vorschrift zu erlassen“, sagte Ulrich Deuschle (Republikaner). Er sieht „eine offene rechtliche Frage“.
Rüffel für die Empfehlung des VVS-Aufsichtsrats
Kritisch bewerteten Redner von CDU, SPD und Grünen den Vorstoß des VVS-Aufsichtsrats, der Regionalversammlung zu empfehlen, „eine Beschlussfassung im Sinne einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit für den ÖPNV in der Region zu treffen.“ „Noch nie in der Geschichte des VVS hat ein Dienstleister einem gewählten Gremium Vorgaben gemacht, wie dort zu verfahren ist“, sagte Rainer Ganske (CDU). „Die regionalpolitische Diskussion findet in der Regionalversammlung statt“, so Harald Raß (SPD). Von einer „überfallsartigen Resolution an den Verband Region Stuttgart“ sprach Eva Mannhardt (Grüne).
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