Die Mehrheit des Planungsausschusses pocht auf die Einhaltung des Regionalplans beim neuen Flächennutzungsplan 2025 der Gemeinden Deggingen und Bad Ditzenbach. Deshalb haben CDU, SPD und Grüne heute ihre Bereitschaft signalisiert, die vorsorgliche Klage gegen die Genehmigung des Flächennutzungsplans durch das Landratsamt Göppingen aufrecht zu erhalten. Für die Rücknahme der Klage haben sich Freie Wähler und FDP ausgesprochen. Sie stellten den Antrag, die Entscheidung über eine mögliche Rücknahme der Klage in die Juli-Sitzung der Regionalversammlung zu verschieben. Mit ihren acht Stimmen und damit dem geforderten Viertel der Ausschuss-Mitglieder, setzten sie die Verweisung in die Regionalversammlung durch.
„Die Klage ist ein sehr schwerer Schritt, den wir nicht leichtfertig gehen“, sagte Planungsdirektor Thomas Kiwitt. „Deshalb haben wir alles versucht, um zu einer Klärung zu kommen. Es habe aber keinerlei Bereitschaft bestanden, einzulenken.“ Trotzdem sollen die Gespräche auch bei einer Klage parallel fortgesetzt werden, mit dem Ziel, eine „einvernehmliche Lösung zu finden“, wie die CDU formulierte.
Dreh- und Angelpunkt des Streits sind der Umfang und die Lage von 8 Hektar Wohnbauflächen im neuen Flächennutzungsplan. Diese waren bereits im bisherigen Flächennutzungsplan enthalten, allerdings nicht bebaut worden. Da die EU dort inzwischen ein Vogelschutzgebiet ausgewiesen hat und städtebauliche Gründe gegen eine Wohnbebauung sprechen, haben die Gemeinden die 8 Hektar Wohnbaufläche im neuen Flächennutzungsplan an andere, bisher unbebaute Stellen übertragen. 8 Hektar Wohnbaufläche für Deggingen und Bad Ditzenbach sind definitiv zu viel, so die Auffassung des Verbands Region Stuttgart. Denn bereits heute stagniert die Einwohnerzahl in Bad Ditzenbach, in Deggingen geht die Bevölkerungszahl sogar um 3,7 Prozent zurück. Dieser Trend wird sich bis 2025 fortsetzten. Das Statistische Landesamt geht für Deggingen von einem Rückgang der Einwohnerzahl um 7 Prozent und für Bad Ditzenbach um 5 Prozent aus.
Hinzu kommt, dass die beiden Gemeinden laut Regionalplan nur so viele Wohnbauflächen ausweisen dürfen, wie sie für ihre eigene Bevölkerung benötigen. Aus diesen beiden Gründen sieht der Verband Region Stuttgart keinen weiteren Bedarf. Der von Deggingen und Bad Ditzenbach selbst angegebene Bedarf an Wohnbauflächen liegt bei rund 1,6 Hektar.
Planungsdirektor Thomas Kiwitt erhofft sich von einem Richterspruch eine grundsätzliche Klärung: „Wird die Eigenentwicklung nicht klar definiert, läuft die regionalplanerische Zielvorgabe ins Leere.“ Denn wenn schon kleine Gemeinden ohne gute Schienenanbindung mehr Flächen ausweisen als sie brauchen, „fordern Städte an den Entwicklungsachsen, also entlang der S-Bahn-Linien einen noch größeren Aufschlag.“
Udo Goldmann (CDU) unterstrich: „Es geht um eine Kernfrage des Verhältnisses von Flächennutzungsplänen zum Regionalplan.“ Von einer gerichtlichen Entscheidung erwartet er eine Klärung des Verwaltungshandelns und Planungssicherheit im Vorfeld. „Es wäre nicht das erste Mal, dass die Region Stuttgart auch in strittigen Fragen wegweisend für das Land ist.“ Ähnlich sieht es Matthias Hahn (SPD). „Wenn Wirklichkeit und planerische Vorstellungen so weit auseinanderliegen, muss das geklärt werden.“ Diese Grundsatzfrage müsse richterlich entschieden werden.
Alfred Bachofer (Frei Wähler) bezeichnete diesen „Einzelfall als trojanisches Pferd“. Sollte die Klage im Sinne der Region ausgehen, „machen wir einen Extremfall zur allgemeinen Regel.“ Städte und Gemeinden, die ihre Flächen verantwortungsvoll entwickeln, hätten das Nachsehen. „Das ist ein Affront.“ Die Region hätte dann die Möglichkeit Flächenreserven bei der Fortschreibung von Flächennutzungsplänen „wegzustreichen.“ Das vorsorgliche Aufstellen von Bebauungsplänen zum Sichern der Flächen die – eigentlich unerwünschte - Folge.
Dorothee Kraus-Prause (Grüne) sagte: „Das Urteil wird das Gewicht unseres Regionalplans bestimmen.“ Die Zielvorstellung der Kommune sei eine ganz andere als die des Regionalplans. „Unsere Vorstellung von Siedlungsentwicklung passt nicht dazu.“
Jürgen Hofer (FDP) wies darauf hin, dass mit einer Klage nicht automatisch eine grundsätzliche Klärung verbunden ist.
Christof Ozasek (Linke) sagte, neue Flächen auszuweisen ist kein Allheilmittel gegen die Probleme des demografischen Wandels. „Deshalb ist die Klage völlig berechtigt.“
Ulrich Deuschle (Republikaner) kritisierte die pessimistische Grundstimmung in der Region Stuttgart.
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