STUTTGART: Der Verband Region Stuttgart hat heute seine Beteiligung am Projekt Stuttgart 21 von bisher 66 Millionen Euro auf insgesamt 100 Millionen Euro erhöht. Diese Aufstockung des regionalen Anteils um 34 Millionen Euro hat die Regionalversammlung mit 70 Stimmen von CDU, SPD, Freien Wählern, FDP und Republikanern bei 12 Gegenstimmen von Bündnis 90/Grüne, Graue und ödp beschlossen.
„Deckel“ von 100-Millionen Euro
Bei den 100 Millionen Euro handele es sich um einen „gedeckelten“ Betrag und somit um die letzte Erhöhung, machte Regionaldirektor Dr. Bernd Steinacher deutlich. Der Verband Region Stuttgart zahle ab Baubeginn über einen Zeitraum von acht Jahren in jeweils gleichen Raten. Dabei könnten Gelder in Höhe von 20 Millionen Euro aus Verhandlungserfolgen zur Verkehrsfinanzierung und deren Verzinsung aufgebracht werden. 80 Millionen Euro würden über Verkehrsumlage bei der Stadt Stuttgart und den VVS-Landkreisen erhoben, in acht Jahresraten à 10 Millionen Euro. In diesem Zeitraum entfielen auf die Stadt Stuttgart 2,6 Millionen Euro jährlich und auf die Landkreise Böblingen, Esslingen, Ludwigsburg und den Rems-Murr-Kreis je 1,85 Millionen Euro pro Jahr. An der Übernahme von Kostenrisiken beteilige sich der Verband Region Stuttgart nicht.
Neue S-Bahn-Station Mittnachtstraße
Mit den 100 Millionen Euro finanziert der Verband Region Stuttgart ganz oder teilweise die Projektteile, die dem regionalbedeutsamen Schienenpersonennahverkehr dienen, darunter die neue S-Bahn-Station Mittnachtstraße an der Nahtstelle zwischen Nordbahnhofsviertel und dem neuen Stuttgarter Stadtquartier.
Als weitere Vorteile für den Schienenverkehr nannte der Regionaldirektor Verbesserungen der Kapazität und Pünktlichkeit im Neckartal zwischen Plochingen und Stuttgart und die Fahrzeitverkürzung auf acht Minuten zwischen Hauptbahnhof und Flughafen/Messe. Des Weiteren werde die Anbindung von Flughafen/Messe mit durchgehenden Zügen aus dem Raum Heilbronn, Bietigheim-Bissingen und Ludwigsburg möglich. Durch den Bau der Rohrer- und Wendlinger Kurve verbessere sich die Verknüpfung der Bereiche um Böblingen/Sindelfingen sowie Kirchheim/Nürtingen mit dem Filderraum.
Synergieprojekt ohne Alternative
Dr. Steinacher bezeichnete Stuttgart 21 als „Synergieprojekt“ ohne Alternative, das Elemente des Fern- und Nahverkehrs sowie der Stadt- und Regionalentwicklung vereine. „Kein anderes Projekt hätte diese Synergien der Wirkungen und der vielfältigen Finanzierungsbeiträge erzielen können“.
Am Vortag des Spitzentreffens in Berlin, von dem nach 12-jährigem Vorlauf der endgültige Durchbruch für Stuttgart 21 erwartet wird, sagte Dr. Steinacher: „Das Projekt schien nicht nur einmal vor dem Aus zu stehen. Die offensive Projektgemeinschaft von Land, Landeshauptstadt und Region hat sich, auch in schwierigen Situationen, bewährt.“ Der Verband Region Stuttgart habe dabei von Anfang an eine gestalterische Rolle eingenommen.
Pro und Contra
Fraktions-Chef Dr. Joachim Pfeiffer (CDU) begründete die Zustimmung der CDU mit den wirtschaftlichen, verkehrlichen und ökologischen Vorteilen von Stuttgart 21: „Nur mit Stuttgart 21 machen wir den eisenbahntechnischen Sprung vom 19. ins 21. Jahrhundert. Nur mit Stuttgart 21 kommt die Einbindung an die Hochgeschwindigkeitsstrecke“, sagte er. Es würden 10.000 bis 15.000 Arbeitsplätze gesichert oder neu geschaffen. Sein Fazit: „Es spricht alles für Stuttgart 21".
„Mit Stuttgart 21 wird das größte Ökoprojekt dieses Landes realisiert“, sagte. SPD Fraktions-Vorsitzender Claus Schmiedel. Indem die Verkehrsinfrastruktur unter die Erde gelegt werde, würden innerstädtische Flächen für Wohnen, Gewerbe und Landschaft frei. Zweiter Vorteil: zwei neue Bahnhöfe, die bessere Umstiege ermöglichten. Und schließlich komme mit Stuttgart 21 die Einbindung in das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz. Damit entstünde eine leistungsfähige Konkurrenz zum Flugzeug.
„Die Freien Wähler halten Stuttgart 21 für ein zentrales Projekt der Region und des Landes“, sagte deren Fraktions-Vorsitzender Heinz Kälberer: „Bei allem Jubel, der ausbricht, wenn es morgen klappt, muss immer bedachtberücksichtigt werden, dass es sich bei den 100 Millionen Euro um Gelder der 179 Kommunen handelt.“
„Heute treffen wir uns wieder einmal zum letzten Mal, um über die Finanzierung von Stuttgart 21 zu sprechen“, sagte Alexander Ludwig (B’90/Grüne). „Mit Streckenstilllegungen und Kürzungen von Regionalisierungsmitteln wirft Stuttgart 21 seine Schatten voraus“, begründete er die Ablehnung seiner Fraktion. Finanzielle Argumente sprächen ebenso gegen Stuttgart 21 wie dessen Dimensionierung.
Nur attraktive Zugverbindungen motivierten dazu, vom Auto auf die Bahn umzusteigen, so Ulrich Scholtz (FDP). Stuttgart 21 wäre schon längst beschlossen, wenn sich die frühere rot-grüne Koalition nicht dagegen gewendet hätte. Doch: „Die Zeit des Bremsens ist vorbei.“ „Die Kostensteigerungen stellten einen Scherbenhaufen dar, den es jetzt zu kitten gilt.
Ulrich Deuschle stellte als Fraktions-Vorsitzender der Republikaner den „regionalen Mehrwert“ von Stuttgart 21 in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Diese rechtfertigten nach einem schwierigen Abwägungsprozess die Erhöhung des regionalen Kostenanteils auf 100 Millionen Euro.
Regionaler Partner der Rahmenvereinbarung von 1995
Der Verband Region Stuttgart ist als S-Bahn-Aufgabenträger Partner der Rahmenvereinbarung von Stuttgart 21. Er hatte diese im Jahr 1995 unterzeichnet und damals einen Grundbeteiligung von 38 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Angesichts des hohen finanziellen Engagements von Land und Landeshauptstadt wurde der regionale Finanzierungsbeitrag im Jahr 2001 auf 66 Millionen Euro angehoben.