Zum schnellen Ausbau von erneuerbaren Energien ist im Entwurf des (Bundes)- Windenergie-an-Land-gesetzes festgelegt, dass Baden-Württemberg 1,8 Prozent seiner Fläche für Windkraft bereitstellen muss. Es ist davon auszugehen ist, dass diese Regelung zur Anwendung kommt und auch für die Regionen gilt. Regionaldirektor Dr. Alexander Lahl betonte im Planungsausschuss des Verbands Region Stuttgart: „Um unabhängig von Russland zu werden und angesichts des vorschreitenden Klimawandels brauchen wir Flächen. Wieder einmal stehen wir im Spannungsfeld zwischen Fläche und Bebauung. Unser Zug fährt und wir tun, was in unserer Kompetenz liegt.“ Wie man dieses Ziel in der Region Stuttgart erreichen möchte und welches Potenzial besteht, wurde am Mittwoch vorgestellt.
Die Vorgehensweise gliedert sich in mehrere Schritte. So wird zunächst betrachtet, in welchen Bereichen es ausreichend Windpotenzial gibt. In Frage kommen dabei 1.239 km², was 34 Prozent der Regionsfläche entspricht und wo die landesplanerische Mindestvorgabe von 215 Watt pro Quadratmeter erreicht wird. Als nächstes werden Flächen nach harten und weichen Tabukriterien untersucht. Zu den harten Tabukriterien zählen beispielsweise Naturschutzgebiete, Naturdenkmale oder Anbauverbotszonen entlang von Straßen. Diese schließen die Erstellung von Windkraftanlagen aus. Bei weichen Tabukriterien besteht die Möglichkeit der planerischen Abwägungen. Hierzu zählen regionalbedeutsame Flächen für Wohnungsbau, Landmarken oder Vorranggebiete für den Abbau und Sicherung von Rohstoffen. Unter Berücksichtigung der Mindestvorgabe von 215 Watt pro Quadratmeter sowie der harten und weichen Tabukriterien eignen sich noch 290km² bzw. rund acht Prozent der Regionsfläche für Windkraftanlagen. Nach Betrachtung des Artenschutzes und gegebenenfalls weitere harter Kriterien kann sich dieser Anteil noch reduzieren.
Der Verband Region Stuttgart beabsichtig nach der Sommerpause konkrete Vorranggebiete vorzustellen. Dabei fließen zusätzlich zu den zuvor genannten Faktoren die Größe der Standorte und die Auswirkung auf das Schutzgebiet und Landschaftsbild ein. So ist beabsichtigt, Anlagen zu bündeln, um die Eingriffe in das Landschaftsbild zu minimieren und Bereiche zur Naherholung weitestgehend zu schonen. Die Kommunen sollen frühzeitig über das geplante Vorgehen informiert werden und ihre Überlegungen sowie die Überlegungen Dritter in die Flächenbewertung einbezogen werden. Auch Standorte, die sich derzeit im Genehmigungs/- oder Zielabweichungsverfahren befinden werden berücksichtigt. So solle frühzeitige Abstimmungen mit den Gemeinden und Fachstellen dazu führen, dass wichtige Aspekte bereits in einer frühen Phase geklärt werden können.
Auf dieser Grundlage kann in ein formales Verfahren eingetreten werden. Damit will der Verband Region Stuttgart auch einen Beitrag zur beschleunigten Realisierung von Windrädern leisten. Dadurch kann der wichtige Beitrag dieser Anlagen zur Vermeidung des CO2-Ausstosses sowie zur Sicherung der Energieversorgung deutlich früher als bislang üblich erreicht werden. Nach Ausformulierung des Planentwurf ist ebenfalls eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen.
Stimmen der Fraktionen
Roland Schmid (CDU/ÖDP) bezeichnete das vorgeschlagene Verfahren als „gute Grundlage zur Steuerung von Windkraftanlagen“. Man dürfe jedoch nicht alle Bedenken über Bord werfen. Er habe bei einigen Dingen Bauschmerzen. „Wir kümmern uns sehr intensiv um den Landschaftsschutz. Den müssen wir auch hier im Auge behalten,“ so Schmid. Bisher habe man sich mit niedrigeren Anlagen und größeren Abständen befasst. Jetzt plane man höhere Anlagen mit geringeren Abständen. Er sei dennoch zuversichtlich, dass das gewünschte Ergebnis erreicht werden könne, ohne kritische Dinge durchsetzen zu müssen. „Wir brauchen zwar ein schnelles Ergebnis, aber auch ein sachgerechtes,“ so Schmid.
Leo Buchholz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) betonte, dass aus seiner Fraktion kein Widerstand kommen werde. „Wir gehen vollkommen mit,“ so Buchholz. „Ich habe den Eindruck, dass Kommunen, öffentliche Träger und Landwirt*innen auf potenzielle Standorte warten. Vor Ort ist Begeisterung für das Thema aufgekommen.“ Er glaube, dass die Region gute Vorschläge machen zu könne. Man sei bei dem Thema zwar vorgeprägt, er sei jedoch zuversichtlich, dass dieser Anlauf erfolgreicher werde.
„Wir Freien Wähler sind Freunde der Erzeugung erneuerbarer Energien, und zwar dezentral,“ so Andreas Hesky. Mit der vorgestellten Vorgehensweise könne man einen wichtigen Beitrag leisten und stehe zu dieser Verantwortung. „Wir können einen Schub leisten, dass Planungen schneller und konkreter vorangehen.“ Laut Regina Traub (SPD) sei ihre Fraktion schon immer für zwei Prozent Fotovoltaik und Windkraft gewesen. Sie appellierte, die Standorte, die ohne Wenn und Aber geeignet seien zu forcieren, und hoffe, dass die Zeitschiene noch stärker verkürzt werden könne. Laut Joachim Hülscher (AfD/FR) deute alles darauf hin, dass man in zwei Jahren die aktuellen Planungen wieder verwerfen müsse. „Wir bewegen uns in einem Raum, der seit zehn Jahren hin und her wabbert,“ so Hülscher. Kai Buschmann (FDP) bemängelte, dass sich die Bundesregierung nicht für eine „Negativ-Kulisse“ entschieden habe, nach der lediglich festgelegt werde, welche Gebiete ausgeschlossen seien. “Die Zeitverzögerung bei der Energiewende haben Übergeordnete zu verantworten.“ Für Christoph Ozasek (DIE LINKE/PIRAT) bedürfe es eines schlanken Verfahrens mit einheitlicher Vorgehensweise und Abwägung. Er bat, hinsichtlich großer Befürchtungen aktiv in die Kommunikation zu gehen.
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