Der öffentliche Personennahverkehr kann im Jahr 2025 seinen Anteil am Verkehrsgeschehen insgesamt behaupten (13,6 % am Modal Split – heute: 13,5 %). Der Straßenverkehr wird moderat zunehmen (55,3 % am Modal Split – heute: 54,5 %). Aufgrund der leicht sinkenden Bevölkerungszahl und dem steigenden Anteil älterer Personen werden die Menschen um etwa 2,5 Prozent weniger Wege unternehmen. Die Verkehrsleistung im öffentlichen Verkehr und im Straßenverkehr wird trotzdem leicht zunehmen, da die Menschen weitere Strecken zurücklegen werden. Trotzdem kann der verkehrsbedingte Schadstoffausstoß erheblich reduziert werden, in Stuttgart zum Beispiel um bis zu 88 Prozent bei Feinstaub oder minus 20 Prozent bei CO2. Hauptgrund sind Fortschritte in der Fahrzeugtechnik und ein umwelt- sowie klimafreundlicherer Flottenmix.
Das sind zentrale Erkenntnisse der Verkehrsprognose 2025 zum Bezugsszenario, die der Verband Region Stuttgart als Teil der Untersuchungen zum Regionalverkehrsplan jetzt vorgestellt hat. Um möglichst treffsichere Aussagen über die Mobilität 2025 auf Straßen, Schienen, von Fußgängern und Radfahrern machen zu können, liegen verschiedene Annahmen zugrunde: zur Siedlungs- und Bevölkerungsentwicklung, zur Zusammensetzung der Bevölkerung ebenso wie zum Verkehrsangebot, darunter über 80 bisher finanzierte Ausbauprojekte im Straßen- und Schienennetz oder sehr wahrscheinliche Angebotsverbesserungen im öffentlichen Verkehr. „Auf dieser Grundlage lassen sich die nun zu definierenden Szenarien mit zusätzlich geplanten oder wünschenswerten Maßnahmen kombinieren und auf ihre Wirkung hin beurteilen“, erläutert Planungsdirektor Thomas Kiwitt. Die Ergebnisse des Bezugsszenarios seien deshalb ein wichtiger Referenzpunkt für die folgende regionalpolitische Diskussion. Im nächsten Schritt gelte es, Maßnahmenpakete zu schnüren und im Abgleich mit dem Bezugsszenario konzeptionelle Grundlagen für die Verkehrspolitik der Zukunft abzuleiten. „Erst dann wissen wir, an welcher Stellschraube wir drehen müssen, um die politisch gewünschten Ziele zu erreichen“, so Kiwitt. Er kündigte einen Dialog darüber mit Städten, Gemeinden, Verbänden, Trägern öffentlicher Belange und Interessierten an.
„Weniger Menschen, weniger Wege“
Der leichte Rückgang der Einwohner um etwa 50.000 Personen bis 2025 (auf 2,62 Millionen) und die älter werdende Bevölkerung werden sich auch auf das Verkehrsverhalten auswirken. „Weniger Menschen, weniger Wege“, bringt es Thomas Kiwitt auf den Punkt. Mehr Rentner mit Führerschein und Auto bedeuten, dass diese mit dem Auto tagsüber ihre Fahrten ins Blaue unternehmen. „Freizeitverkehr wird diffuser und weniger mit Bussen oder Bahnen absolviert“, so Kiwitt. Der motorisierte Individualverkehr werde moderat zulegen. Der Rückgang im Berufs- und Ausbildungsverkehr werde sich ebenfalls negativ auf die ÖPNV-Nutzung auswirken. „Die Schülerzahlen brechen mit minus 19 Prozent bis zum Jahr 2025 massiv ein. Das sind bisher die verlässlichsten ÖPNV-Kunden, vor allem in Bussen“, erläutert Kiwitt.
Schienenprojekte zeigen ihre Wirkung
Unter diesen Rahmenbedingungen könne der öffentliche Personennahverkehr seinen Anteil am Verkehrsanteil nur deshalb halten, „weil neue Projekte auf der Schiene angeschoben wurden“, führt Wirtschaftsdirektor Dr. Jürgen Wurmthaler aus. Bei der Stadtbahn seien dies: U6 zum Flughafen, U5 bis zur Markomannenstraße in Leinfelden, U15 bis Stammheim (fertig) und die U12 Dürrlewang – Hallschlag – Remseck. Bei der S-Bahn zeigen die S4-Verlängerung von Marbach nach Backnang sowie die S60 von Böblingen nach Renningen ihre Wirkung. Darüber hinaus wurden Angleichungen des 15-Minuten-Takts in der morgendlichen und abendlichen Hauptverkehrszeit unterstellt.
Entlastung der S-Bahn-Stammstrecke
Dr. Wurmthaler stellt fest: „Langfristig wird es zu Verlagerungen von der S-Bahn auf Regionalzüge kommen. Dadurch wird die Stammstrecke der S-Bahn zwischen Hauptbahnhof und Schwabstraße entlastet.“ Gründe dafür seien Stuttgart 21 mit den Direktverbindungen vom Hauptbahnhof zu Messe und Flughafen sowie die neuen Durchmesserlinien im Regionalverkehr. „Ein weiterer Nutzen daraus ist, dass sich die durchschnittliche Fahrzeit der Fahrgäste, die zu wichtigen Zielen unterwegs sind, verringert.“ Fahrgäste aus der Region, die zum Flughafen fahren, benötigen heute durchschnittlich 63 Minuten, künftig 47 Minuten. Auch innerhalb der Region werden Zentren schneller erreichbar sein, z. B. Plochingen, heute durchschnittlich in 41 Minuten und künftig in 33 Minuten.
„Die Leute werden gehfauler, weil immer mehr Alternativen zur Verfügung stehen“, so Dr. Jürgen Wurmthaler. In Stuttgart lasse sich ein Gegentrend zur übrigen Region feststellen. Hier nehmen die ÖPNV-Anteile am Verkehrsaufkommen um 1,6 Prozentpunkte zu, weil Fußgänger weniger per Pedes, sondern mehr mit Bussen und Bahnen unterwegs sind. „Der ÖPNV kann aus sich heraus nicht mehr wachsen“, stellt Dr. Wurmthaler fest. „Aber wir haben Steuerungsmöglichkeiten über Tarife, betriebliche Verbesserungen und durch die intelligente Vernetzung von individuellen und öffentlichen Mobilitätsangeboten.“ Genau hier setze das regionale Förderprogramm nachhaltige Mobilität an.
Mehr Verkehr auf Autobahnen und Bundestraßen
Im Straßenverkehr lässt sich durch längere Wege eine Zunahme der Belastung auf Autobahnen und Bundesstraßen feststellen. Das gelte speziell für die Landkreise in der Region. Positiv ist allerdings, dass die Verkehrszunahme auf den großen Straßen stattfindet. „Wir stellen eine Bündelung der Verkehrszunahme und eine politisch gewollte Entlastung der Räume fest“, so Dr. Wurmthaler. Weniger Straßenverkehr werde es zum Beispiel in der Stuttgarter Innenstadt geben oder in den Ortskernen entlang der B 464 oder im Filstal.
Presseinformation (als pdf)