Regionale Innovationen in IBA’27-Projekten
Um den europäischen Fahrplan der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen, muss auch der Bausektor seine Emissionen in den kommenden zwei Jahrzehnten auf null senken. Weitreichende und schnelle Maßnahmen sind dringend notwendig – vor allem auch bei Neubau und Bausanierungen. Dabei muss zum einen die Produktion klimabelastender Baustoffe wie etwa Beton eingespart und durch recycelte Baustoffe bzw. nachwachsende, ökologische Materialien ersetzt werden. Zum anderen gilt es, „kreislauffähiges Bauen“ zu unterstützen und bereits verwendete Baumaterialien wiedereinzusetzen oder zu recyceln.
Daher suchen die IBA´27 GmbH und der Verband Region Stuttgart mit dem Kofinanzierungsprogramm zukunftsweisende, übertragbare Prototypen, Konzepte und Typologien, die „Bauen“ neu denken und in mindestens einer der folgenden Handlungsfelder
- Einsatz neuer Bautechnologien und -materialien (z. B. Recycling von Baustoffen, Einsatz nachwachsender Rohstoffe als Baumaterialien etc.) oder
- Kreislaufwirtschaft, d.h. die Wiederverwendung und Zurückgewinnung von Baumaterialien
umsetzen. Gesucht werden mutige Planungen, Produkte und Verfahren sowohl für Gebäude, die sich an die zukünftigen Quartiersentwicklungen und die Bedürfnisse der Menschen anpassen können als auch für Produkte, die im Gebäude sowohl nachhaltige als auch wirtschaftliche und innovative Impulse setzen.
Geförderte Projekte
Wohnen der Zukunft – Fellbach
In der Fellbacher Eppingerstraße realisiert die Siedlungswerk GmbH Wohnungs- und Städtebau ein gemischtes Quartier mit sozialem Wohnungsbau. Insgesamt sind vier Häuser mit drei bis fünf Geschossen geplant, die über zwei Treppenhäuser und Brücken miteinander verbunden sind. Der Verband kofinanziert den Einsatz einer Holz-Beton-Verbund-Konstruktion der Brücken, die Verwendung von nachhaltigen Materialien im Bau sowie von Recycling- und Re-Use-Produkten aus der Rückbauvorhaben in der Umgebung. Von den 371.703 Euro des gesamten Projektvolumens übernimmt der Verband Region Stuttgart 148.681 Euro.
Zukunft Münster 2050 – Stuttgart
„Zukunft Münster 2050“ ist seit 2021 ein offizielles IBA-Projekt, in dem die Baugenossenschaft Münster am Neckar eG ein gemischtes Stadtquartier mit vielfältigen Wohntypen unter sozialen und nachhaltigen Gesichtspunkten verwirklicht. Mit Unterstützung der Kofinanzierung wird eine pilothafte, multifunktionale Dachkonstruktion realisiert, in der u. a. ein umweltfreundlicher Substrataufbau für die Begrünung zum Einsatz kommt. Zudem wird ein mehrstufiges Regenwassermanagement, dass auf Rückhaltung, Speicherung und Nutzung von Niederschlagswasser ausgelegt ist, gebaut. Auch innovative Baumaterialien sollen im genossenschaftlichen Wohnungsbau zum Einsatz kommen. Die gesamte Summe des Projekts beträgt 427.210 Euro. Die Fördersumme beläuft sich auf 210.875 Euro.
Evangelische-methodistische Kirche - Waiblingen
Zu ihrem 100-jährigen Jubiläum plant die evangelisch-methodistische Kirche in Waiblingen eine grundlegende bauliche Erneuerung ihres Kirchengebäudes. Ziel ist es, den Bestandsbau zukunftsfähig zu transformieren und einen sozialen und ökologischen Ort für die Gemeinde zu schaffen. Die Umgestaltung erfolgt unter ökologischen und nachhaltigen Gesichtspunkten. Darüber hinaus werden rückgebaute Bauteile aufgewertet und wieder eingebaut. Die Gesamtkosten des Projekts belaufen sich auf 339.110 Euro, wovon die Fördermittel 169.555 Euro betragen.
Verwaltungs- und Unterkunftsgebäude Natterer GmbH – Vaihingen an der Enz
Die Natterer GmbH Bioland Jungpflanzen in Vaihingen an der Enz ist eine auf ökologische Jungpflanzenanzucht spezialisierte Gärtnerei. Aufgrund des Wachstums des Unternehmens ist ein Neubau geplant, in dem Verwaltungs-, Sozial- und Unterbringungsfunktionen für rund 100 Saisonkräfte zusammengeführt werden sollen. Der Neubau wird in modularer Holzbauweise mit Stroh-Lehm-Außenwänden und recyceltem Material errichtet und integriert Bestandsstrukturen. Beim Innenausbau der Bürogebäude kommen recycelte Materialien zum Einsatz. Der Verband Region Stuttgart fördert das 856.060 Euro umfassende Projekt mit 428.030 Euro.
Quartier Böckinger Straße – Stuttgart
Das Projekt der Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft mbH entwickelt ein neues, sozial gemischtes Stadtquartier mit ökologischen und innovativen Wohnkonzepten. Im Rahmen des Projekts kommen nachhaltige Baumaterialien in der Begegnungsstätte PLUS und der Kindertagestätte im Quartier zum Einsatz. Zudem werden Recycling und Re-Use-Produkte verwendet. Die Stahlüberdachung auf der Gemeinschaftsterrasse wird so entwickelt, dass ein ressourcenschonender Rückbau und Wiedereinsatz möglich ist. Das Gesamtvolumen des Projekts beträgt 182.600 Euro. Das Fördervolumen beträgt 69.680 Euro.
Quartier am Rotweg – Stuttgart
Bei dem seit 2020 bestehenden IBA-Projekt „Quartier am Rotweg“ werden nachhaltige und zukunftsfähige Materiallösungen für die Büros der Baugenossenschaft eG realisiert. Durch den Einsatz natürlicher Baustoffe an Wänden, Decken und Böden sowie der Möblierung werden sowohl akustische als auch ökologische Aspekte miteinander verbunden. Die Baugenossenschaft will dadurch neue Erkenntnisse gewinnen und eine verlässliche Grundlage für den weiteren Einsatz im eigenen Wohnungsbau schaffen. Das 60.452 Euro umfassende Projekt wird mit 30.226 Euro vom Verband Region Stuttgart unterstützt.
Transformation des Klett-Areal – Stuttgart
Das Projekt „Transformation des Klett Areals" ist ein Modellprojekt zur nachhaltigen und zukunftsfähigen Umgestaltung des innerstädtischen Standorts Klett-Areal. Die Klett-Haus Stuttgart Gründungsgesellschaft mbH erhält 240.421 Euro Fördermittel. Das Projekt zielt darauf ab, die Wiederverwendung gebrauchter Baustoffe in Form von Re-Use-Ziegeln und den Einsatz von Hanfkalksteinen zu erproben und diese CO2-einsparende Bauweise für Blockrandbebauung und Bestandsgebäude zu etablieren. Im Fokus steht die Umsetzung von drei viergeschossigen Anbauten und einem dreigeschossigen Neubau aus gebrauchten Vollziegeln. Dabei werden ökonomische, ökologische und soziale Aspekte miteinander verbunden. Das traditionelle Stadtbild der „Hinterhof-Ziegelarchitektur“ des Stuttgarter Westens bleibt durch die Kombination traditioneller Materialen und neuer Bautechniken erhalten.
Zusammenleben im Blütengarten – Backnang
Das Bauprojekt „Zusammenleben im Blütengarten“ der Investorin Frau Hafner-Pinnel wird mit rund 240.000 Euro gefördert. Im Fokus des Projekts ist der Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen beim Bau von mehrgeschossigen Wohngebäuden mit Wohneinheiten für fünfunddreißig bis vierzig Personen auf einem 3.200m² großen Gelände einer ehemaligen Gärtnerei in Backnang Das Projekt wird nach dem Prinzip „Einfaches Bauen“ entwickelt und setzt auf eine einfache, kostengünstige und nachhaltige Bauweise. Es orientiert sich an den Wohnvorgaben des sozialen Wohnbaus. Stroh-Lehm-Außenwände aus regionalen Materialien, Holzbalken-Tonziegel-Verbunddecken, der Einsatz von Lehmplatten sowie ein sortenrein trennbarer Fußbodenaufbau kommen zum Einsatz. Ziel des Projekts ist es zu zeigen, dass die wirtschaftliche Umsetzung nachhaltiger und ressourcenschonender Bauansätze auch im Mietgeschosswohnungsbau möglich ist.
Die Brenzkirche – Stuttgart
Die Brenzkirche ist ein historisches Baudenkmal Stuttgarts und Zeugnis einer wechselhaften Baugeschichte von Weissenhof und Kochenhofsiedlung. Der Erhalt des denkmalgeschützten Gebäudes soll mittels Sanierungsmaßnahmen gesichert werden. Der Verband Region Stuttgart kofinanziert die Installation einer neuen Fassadenverkleidung im Außenbereich sowie die neue Wand- und Deckenverkleidung im Sakralraum. Als ressourcenschonende und besonders langlebige Alternative kommt hier eine Leichtbauweise aus stabilisiertem Aluminiumschaum zum Einsatz. Die Gesamtkosten des Projekts belaufen sich auf 353.508 Euro, wovon die Fördermittel 176.754 Euro betragen.
Pionierwohnen im NQ - Wendlingen
Das Projekt „Pionierwohnen im NQ“ wird als Pilotvorhaben auf dem Areal der Neckarspinnerei Wendlingen umgesetzt. Ziel ist es, die Zwischennutzung als belebendes Element in der Stadtentwicklung zu etablieren und gleichzeitig innovative Ansätze für das Bauen mit nachwachsenden Materialien zu erproben. Adapter e.V. und die HOS Projektentwicklung GmbH erhalten 176.000 Euro Fördermittel für das Pilotprojekt, das denkmalgeschützte Gewerbeimmobilien temporär in Wohnraum umwandelt. Adapter e. V., eine Ausgründung der Architekturfakultät der Universität Stuttgart, hat das modulare Innenausbausystem „endo“ entwickelt, das es ermöglicht, Gewerbeflächen schnell und effizient in Wohnraum umzuwandeln. Das System basiert auf hölzernen Paneelen, die flexibel zu unterschiedlichen Wohn- und Nutzungseinheiten kombiniert werden können. Besonderer Fokus liegt dabei auf der Wiederverwendbarkeit der Materialien.
Leben in der Vorstadt´27 - Schorndorf
Die Wohnbaugenossenschaft RemstalLeben eG wird mit 956.407 Euro bei der Realisierung des ersten fünfgeschossigen Strohballenhauses der Gebäudeklasse 4 in Süddeutschland unterstützt. Ziel des Projekts ist es, auf einem ehemaligen Bauernhofgelände ein Mehrgenerationen-Wohnprojekt zu realisieren, das durch innovative Bauweisen und ein starkes Gemeinschaftsgefühl geprägt ist. Für „Leben in der Vorstadt´27“ wird ein innovatives Holz-Stroh-Lehm-Modul für den Wandaufbau eingesetzt, das weiterentwickelt und hinsichtlich seiner Brandschutzfähigkeit optimiert wird. Denn Ziel ist nicht nur, eine Baugenehmigung für die höhere Gebäudeklasse zu erlangen, sondern auch, die Strohbauweise für ähnliche Projekte zugänglicher und schneller umsetzbar zu machen.
Das Wichtigste in Kürze
- Antragsberechtigt sind Städte, Gemeinden und Landkreise in der Region Stuttgart, Eigenbetriebe oder öffentlich-rechtliche Unternehmungen, Zweckverbände und Unternehmen der Privatwirtschaft (u. a. Planungsbüros, Architekten, Ingenieure sowie Baufirmen), die entsprechende Einzel- oder Verbundprojekte in der Region Stuttgart umsetzen wollen.
- Der funktionale Zusammenhang zu einem IBA’27-Vorhaben ist für die Projekteinreichung Bedingung, d. h. das Projektvorhaben muss sich als IBA’27-Projekt qualifiziert haben.
- Eine Umsetzung der Maßnahme muss bis 2027 sichergestellt sein.
- Es werden nur die Mehrkosten, die durch den Einsatz von innovativen, nachhaltigen und bedarfsgerechten entstehen, mit max. 50 % kofinanziert.
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