STUTTGART: Der neue Regionalplan, der Anfang 2009 von der Regionalversammlung beschlossen werden soll, liegt jetzt als Entwurf vor. Heute hat die Regionalversammlung den Weg für die Anhörung der Städte, Gemeinden, Landkreise, Verbände und anderer öffentlichen Stellen frei gemacht. Von März bis 27. Juni können sie sich zum Entwurf des Regionalplans äußern.
Dieser „wohl abgewogene Planentwurf“ sei eine „hervorragende Basis für eine weiterhin gute Regionalentwicklung“, sagte der scheidende Chefplaner Dr. Dirk Vallée. Der Entwurf eröffne der Region auch künftig Chancen für eine hohe Lebensqualität und wirtschaftliche Leistungskraft.
Im Zeichen der Globalisierung bedeute Wirtschaftsförderung nicht mehr nur Wettbewerb von Unternehmen, sondern auch Wettbewerb um Menschen, sagte Regionaldirektor Dr. Bernd Steinacher. Deshalb und aus Gründen der Nachhaltigkeit müsse ein Wechsel weg vom rein quantitativen hin zum qualitativen Wachstum stattfinden. So müsse unter anderem die Wohn- und Lebensqualität in der Region Stuttgart weiter verbessert werden.
Elemente der Flexibilität enthalten
Der Regionalplan definiere die Grundlinien für das Flächenwachstum im Wohnungsbau in den 179 Städten und Gemeinden, führte Dr. Bernd Steinacher aus. „Dabei scheren wir nicht alle über einen Kamm“, sondern es würden nachgewiesene Sonderentwicklungen berücksichtigt. Dr. Steinacher wörtlich: „Damit atmet der Regionalplan, er enthält definierte, im Einzelfall begründete Elemente der Flexibilität, aber keine Beliebigkeit“. Gemeinden soll für den Bedarf ihrer Wohnbevölkerung alle fünf Jahre ein Prozent an Wohneinheiten zugebilligt werden. Für Gemeinden im so genannten Siedlungsbereich der Entwicklungsachsen gelten 1,5 Prozent alle fünf Jahre.
Konzentration der Siedlungsentwicklung
Obwohl die Zahl der Einwohner nach einer Untersuchung des Pestel-Instituts Hannover bis 2020 auf 2,67 Millionen, also um etwa 30.000 zurück gehen wird, wird die Zahl der Haushalte um 70.000 steigen. Daraus ergibt sich vermutlich eine Nachfrage nach zirka 97.000 neuen Wohnungen. Fest stehe, so Dr. Steinacher weiter, man brauche weniger Neubaugebiete.
Entlang der Entwicklungsachsen, die nahezu den Schienenstrecken in der Region Stuttgart entsprechen, sollten Siedlung und öffentlicher Personennahverkehr zusammengebracht werden. Angesichts einer rückläufigen Bevölkerung „stellen wir damit sicher, dass unser regionales System von Bussen und Bahnen auch künftig noch finanzierbar ist“, so Dr. Steinacher. Darüber hinaus soll Zuwanderung verstärkt in die 44 Schwerpunkte für Wohnen gelenkt werden. Der Regionalplan sieht weitere 45 Standorte für Gewerbe beziehungsweise Dienstleistungen vor. In Bondorf-Süd/Rottenburg, Kirchheim/Teck, Kornwestheim-West und Sachsenheim/Oberriexingen/Sersheim sieht der Regionalplan Industriegebiete oder Logistikstandorte vor.
An kleinere Gemeinden in ländlichen Teilen der Region Stuttgart richtete Dr. Steinacher das Angebot, gemeinsam kommunale Entwicklungskonzepte zu erarbeiten.
Eine wesentliche weitere Aufgabe des Regionalplans besteht darin, die natürlichen Lebensgrundlagen für Menschen, Tiere und Pflanzen zu sichern. Über Grünzüge und Grünzäsuren im Regionalplan werden die Freiräume vor Bebauung geschützt. Entsprechend den Vorstellungen des Landes wurden insgesamt 70.000 Hektar und damit 20.000 Hektar mehr als im aktuell gültigen Regionalplan definiert, in denen Landwirtschaft, Naturschutz und Landschaftspflege besonders hoch zu halten sind.
Zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur und zur Beseitigung von Engpässen werden im Regionalplan auch wichtige Korridore und Trassen von für Bahnstrecken und Straßen gesichert.
Bedeutung der Qualität nimmt zu
Die CDU-Fraktion sehe den Regionalplan als Entwicklungskonzept, nicht als statischen Plan, sagte Udo Goldmann (CDU). Um viele Fragen sei schwer gerungen worden. Bezogen auf die demografische Entwicklung und in Richtung der Kommunen machte er deutlich: „Die Qualität der Siedlung wird künftig das entscheidende Merkmal sein, nicht die Ausdehnung“. Flexibilität im Regionalplan sei vorgesehen und notwendig, aber die Inhalte des Regionalplans dürften nicht aus dem Blick geraten.
Zu geringe Ausweisung von Wohnbauflächen
„Gut gemeint sei nicht gut gemacht“, sagte Andrea Schwarz (SPD). Der Regionalplanentwurf enthalte beide Elemente. Die SPD-Fraktion stimme dem Entwurf trotzdem zu, weil dadurch die Stellungnahmen der Kommunen eingeholt werden könnten. Sie vermisste Vorschläge, wie auf die wachsende Konkurrenz durch die Nachbarregionen reagiert werden könnte. Die aus ihrer Sicht zu geringe Ausweisung von Wohnbauflächen bezeichnete sie als eine „korsettartige Planung“.
Die Kommunen mitnehmen
Die Freien Wähler stünden im Wesentlichen zum Regionalplan, so Alfred Bachofer (Freie Wähler). Doch das Motto müsse lauten: Regionalplanung mit den Gemeinden, nicht gegen die Gemeinden. Gerade bei den Vorgaben zum Flächenwachstum vermisse er das Vertrauen in die kommunale Planungshoheit. „Ein zu enges Korsett dränge Bauwillige in andere Regionen ab“, so die Auffassung seiner Fraktion.
Qualifizierte Antworten geben
Der Regionalplan kann und muss qualifizierte Antworten auf die globalen Herausforderungen geben, sagte Beate Wittkopp (Grüne). „Wer nur kleinkariert um die Neubauquote kreist, ist ein schlechter Berater.“ Zentrale Aufgabe der Regionalplanung sei es, Standortqualität und Lebensqualität zu schaffen. Der Regionalplan beinhalte eine Akzentverschiebung, so dränge sich bei den Wohn- und Gewerbeschwerpunkten der Verdacht der Vorratshaltung auf.
Mehr Spielraum für Kommunen
Der Regionalplan dürfe nicht dazu dienen, „vor dem Kollaps stehende Kommunen zu beatmen, nachdem ihnen die Luft abgeschnitten wurde“, brachte es Ulrich Scholtz für die FDP-Fraktion auf den Punkt. Seiner Meinung nach hätte den Kommunen mehr Spielraum eingeräumt werden müssen. Er sprach sich für lebenswerte Gemeinden und eine attraktive Region aus.
Für aktive Wirtschaftsförderung
Egon Eigenthaler (Republikaner) sagte: „Wir sehen die Aufgabe des Regionalverbands in einer aktiven Wirtschaftsförderung und nicht nur im kontrollierten Zulassen und ermöglichen der Entwicklung.“