Mit großer Mehrheit hat die Regionalversammlung heute den Haushalt 2017 des Verbands Region Stuttgart beschlossen. Dafür sprachen sich die Fraktionen CDU, Grüne, SPD, Freie Wähler, FDP und AfD aus. Dagegen stimmten Die Linke und die Innovative Politik.
Der regionale Etat hat ein Gesamtvolumen von knapp 350 Millionen Euro. Traditionell stellt der Verkehrshaushalt mit etwa 313 Millionen Euro den größten Brocken im Gesamtbudget dar. Auf der Einnahmenseite steigen die beiden Umlagen, die der Verband Region Stuttgart erhebt, leicht an. Die Verhandlungen über die Höhe der Regionalisierungsmittel des Bundes, die die Region für die Finanzierung des Schienenverkehrs vom Land erhält, laufen noch. Und beim dritten großen Einnahmeblock, den Erlösen aus dem VVS-Ticketverkauf in den regionalen Bussen (Verbundstufe II), rechnet der Verband Region Stuttgart mit gut 100 Millionen Euro im nächsten Jahr.
Die Verkehrsumlage, die die VVS-Landkreise und die Stadt Stuttgart leisten, steigt um 4,9 Millionen Euro auf rund 62 Millionen Euro (57,08 Millionen Euro im Jahr 2016). Die Verbandsumlage, die die 179 Städte und Gemeinden der Region aufbringen, erhöht sich um etwa 2,2 Millionen Euro auf gut 19,15 Millionen Euro. Grund dafür sind überwiegend die steigenden Beiträge an die Beteiligungsgesellschaften.
An die Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH (WRS) überweist der Verband Region Stuttgart etwa 8,46 Millionen Euro (7,1 Millionen Euro im Jahr 2016). Darin enthalten sind 200.000 Euro für die Stelle eines Breitband-Experten sowie dazugehörige Sachkosten. Um professionelle Strukturen für die Internationale Bauausstellung „IBA 2027 StadtRegion Stuttgart“ aufzubauen, ist im WRS-Budget ein Posten von fast 850.000 Euro berücksichtigt, davon knapp 488.000 Euro mit Sperrvermerk. Für regionales Tourismusmarketing stellt der Verband Region Stuttgart der Stuttgart Regio Marketing- und Tourismus GmbH alles in allem fast 845.000 Euro zur Verfügung.
Regionaldirektorin Dr. Nicola Schelling hatte den Haushaltsentwurf Ende September eingebracht und darin folgende Schwerpunkte gesetzt: bezahlbarer Wohnraum und Verfügbarkeit von Industrieflächen; Mobilität von Menschen und Gütern; angewandter technischer Fortschritt; Lebensqualität und touristisches Angebot; Entwicklungsdynamik und Innovationsfreude in der Region sowie Vernetzung – in Europa und darüber hinaus.
Mit insgesamt 91 Anträgen haben die Fraktionen und Gruppen während der Haushaltsberatungen eigene Akzente gesetzt. So sind 80.000 Euro für eine Gesamtuntersuchung vorgesehen, die sich mit dem weiteren Ausbau der Schienenanbindung des Filderraums befasst. Es sollen eine direkte Anbindung aus Göppingen (Filstal) sowie verschiedene Streckenvarianten aus dem Böblinger Bereich und aus dem Neckartal unter die Lupe genommen werden. Für eine Marktanalyse zu „Möglichkeiten und Auswirkungen des autonomen Fahrens“ als Teil des regionalen Verkehrsmanagements sind 25.000 Euro eingeplant. Für eine Güterverkehrs-Gesamtstrategie sind weitere 50.000 Euro veranschlagt.
CDU: Das ÖPNV-Angebot bestimmt die Nachfrage
Der Haushalt enthält „konkrete Willensbekundungen und das Handlungsprogramm der Region für die nächsten Jahre“, sagte Dr. Wolfgang Häfele (CDU). Seine Fraktion stehe für die stetige Verbesserung des ÖPNV, speziell der S-Bahn. Die Nachfrage komme mit dem Angebot, begründete er den Grundsatzbeschluss zur Einführung des 15-Minuten-Takts oder die Untersuchung neuer Verbindungen. „Wir müssen die Region robust machen, um attraktiv und wettbewerbsfähig zu sein.“ Dazu gehört aus Sicht von Dr. Häfele die die Breitbandinfrastruktur sowie die Mobilisierung von Gewerbeflächen von gut 400 Hektar. Die Flächen in den regionalen Wohnbauschwerpunkten müssten zügig mobilisiert werden, um günstige Wohnungen an den Markt zu bekommen.
Grüne: Gut eingesetztes Geld
„Mit diesem Haushalt sind die Weichen für eine Hinwendung zu mehr ÖPNV gestellt. Das eingesetzte Geld für neue S-Bahn-Fahrzeuge oder den neuen regionalen Expressbus RELEX hat etwas bewirkt“, sagte Ingrid Grischtschenko (Bündnis 90/Grüne). „Wir erwarten beim nächsten S-Bahn-Gipfel konkrete Zusagen mit Zeitplan der DB AG. Denn der Verband Region Stuttgart ist nicht Bittsteller, sondern Besteller.“ Der VVS-Tarif müsse nicht komplizierter, sondern einfacher werden. Flächensparen sei kein Selbstzweck, sondern bringe allen etwas.
SPD: Günstiger Wohnraum als eine zentrale Herausforderung
„Uns ging es in der großen Mehrheit darum, die Region nach vorne zu bringen – für die Menschen in der Region“, fasste Harald Raß (SPD) die Haushaltsberatungen zusammen. Beim S-Bahn-Gipfel müssten Antworten gefunden werden, damit die S-Bahn wieder verlässlich unterwegs ist. Digitalisierung beziehe sich nicht nur auf Industrie 4.0, sondern auch auf die (Elektro)Mobilität – im Sinne einer „smarten Region“. Es gelte, die Vernetzung aller Verkehrsmittel möglichst auszuschöpfen. Sowohl bei Flächen in Gewerbegebieten als auch bei bezahlbarem Wohnraum bestehe Handlungsbedarf. Gerade bei günstigen Wohnungen sieht Raß eine „zentrale Herausforderung“
Freie Wähler: Konzentration auf die regionalen Kernthemen
Für die Freien Wähler plädierte Andreas Hesky dafür, dass sich die Region künftig stärker auf die Kernthemen konzentriert. Die Kooperation von Landkreisen und Region beim schnellen Internet nannte er als gutes Beispiel für das regionale Miteinander. „Wir sagen Ja zum Anschub. Wir sagen aber Nein zur steuerfinanzierten Dauersubvention eines Glasfasernetzes.“ Neben einer pünktlicheren S-Bahn seien seiner Fraktion die Verlängerung der S-Bahn ins Neckartal wichtig sowie das „Bestreben, das Park- und Ride-Angebot in regionale Obhut zu bringen.“ Er begrüßte die Aufnahme des Nord-Ost-Rings in den Bundesverkehrswegeplan.
Linke: Realitäten werden im Haushalt ignoriert
„Der Haushalt 2017 nimmt trotz einer Reihe guter Ansätze die zentralen Probleme der Region – Wohnungspolitik, Boden- und Grünflächenschutz, sozialverträgliche ÖPNV-Preise, die Beendigung des S-Bahnchaos und der monumentalen Geldvernichtung Stuttgart 21 – nicht in Angriff. Er ignoriert die Realitäten statt sie anzupacken“, begründete Peter Rauscher (Die Linke) die Ablehnung des Budgetentwurfs.
FDP: Themen, die die Menschen bewegen
Von einem „unspektakulären, aber vernünftigen“ Haushalt sprach Kai Buschmann (FDP). Angesichts der Wohnungsnot hätte er allerdings „mehr Flexibilität“ bei der Lösung des Wohnraumproblems erwartet. Er bedauerte, dass die Anträge zur veränderten Finanzierung der Region oder zur Fotovoltaik keine Mehrheit fanden. Mit Themen wie S-Bahn, VVS-Tickets oder Sicherheitswänden habe man „Themen aufgegriffen, die die Menschen betreffen.“
Innovative Politik: „Mangelnde Innovationsfähigkeit“
Wegen „mangelnder Innovationsfähigkeit“ und „Diskussionsverweigerung“ lehne die Gruppe Innovative Politik den Haushalt 2017 ab, kritisierte Ulrich Deuschle. „Verkrustungen und Bürokratisierung im Verband behindern die Entwicklung der Region.“
Pressemitteilung (als pdf-Datei)
Grafik zum Haushalt und zu den Umlagen (als pdf-Datei)