Die Unternehmen und Forschungsinstitute der Regionen Stuttgart und Neckar-Alb tragen mit ihren Entwicklungen maßgeblich zur Bekämpfung der Corona-Pandemie bei. In seinem Bericht im gestrigen Wirtschaftsausschuss der Regionalversammlung erläuterte Dr. Klaus Eichenberg, Geschäftsführer der BioRegio STERN Management GmbH, die Forschungs- und Entwicklungsprojekte aus der Region. Diese beschäftigen sich unter anderem mit der Entwicklung von Impfstoffen, Medikamenten, PCR-, Antigen- und Antikörpertests sowie medizinischen Hilfsmitteln. „Die Life-Sciences-Unternehmen der BioRegion STERN reagieren kreativ und mit viel Elan auf die Corona-Pandemie. Aus dieser Branche sind Lösungen der weltweiten Krise zu erwarten. Die Unternehmen der BioRegion STERN sind dabei“, so Dr. Eichenberg.
Durch die Corona-Pandemie haben die Wahrnehmung und Sichtbarkeit der Biotechnologie in Deutschland einen Schub bekommen, der sich auch finanziell widerspiegelt. So flossen in Deutschland im letzten Jahr über drei Milliarden Euro Eigenkapital in die Branche, davon allein 740 Millionen an CureVac. Der mRNA-basierte Impfstoff des Tübinger Unternehmens befindet sich momentan in der Phase III der Erprobung, zwei weitere Impfstoffe entwickeln die Prime Vector Technologies GmbH sowie die Universität Tübingen. Deutlich weniger staatliche Förderung gab es bisher für die Forschung an Medikamenten, die aber im Maßnahmenmix auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen werden. Aussichtsreiche Medikamentenkandidaten entwickeln die Tübinger Unternehmen Atriva Therapeutics und Synovo. An Akut-Tests arbeiten insgesamt sechs Unternehmen in der BioRegion STERN oder vertreiben diese bereits. Ein Antikörpertest für Privatpersonen der CeGaT GmbH aus Tübingen ist bereits im Angebot, zwei weitere befinden sich in Reutlinger und Tübinger Unternehmen in Entwicklung.
Die BioRegion Stern umfasst die Regionen Stuttgart und Neckar-Alb sowie die Städte Tübingen und Reutlingen mit über 120 Medtech- und 110 Biotech-Unternehmen und insgesamt rund 19.000 Arbeitsplätzen. Seit 2001 unterstützt die BioRegio STERN GmbH als Wirtschaftsentwickler für die Life-Sciences Unternehmen zum Beispiel bei der Einwerbung von Fördermitteln, setzt aber auch eigene Cluster-Projekte um und führt Veranstaltungen durch.
Stimmen aus den Fraktionen
Alle Fraktionen bedankten sich bei Dr. Klaus Eichenberg für den Bericht und die engagierte Arbeit der Bio Regio STERN GmbH.
„Sie hilft in der aktuellen Situation mit viel Innovationsgeist, die Lösung für ein aktuelles, großes Problem zu finden“, so Elisabeth Schick-Ebert (CDU/ÖDP). Die Corona-Krise zeige, wie wichtig die Aufgabe sei, Wirtschaftsförderung in diesem Segment zu betreiben und damit Wissenschaftlern und Gründern zu helfen. Schick-Ebert stellte die Frage, wo noch Kapital fehle und wie die Region finanziell oder durch Impulse für weitere Gründungen helfen könne. „Die Branche bietet auch die Möglichkeit, ein zweites Standbein in der Region zu entwickeln, die momentan vor einer großen Transformation steht“, betonte Schick-Ebert.
Dr. Cleo Regina Becker (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) befand: „In dieser Krise, die so viel Leid und Einschränkungen gebracht hat, gibt es Möglichkeiten, Sinn zu finden und Licht zu sehen.“ Ein Positives sei der Fokus auf die Biotechnologie und die Bereitschaft, mehr in die Gesundheit zu investieren. Auch sie sah die Biotechnologie als zweites Standbein für die Wirtschaft in der Region. Bemerkenswert sei, dass „Betriebe und Menschen dazu bereit sind, über Gewinn und Kapital hinaus an das Gemeinwohl zu denken.“ Das freue ihre Fraktion besonders, denn es müsse nicht immer mehr Wachstum sein.
Gerd Maisch (Freie Wähler) bedankte sich für das Engagement der Firmen in der Corona-Krise. Er kritisierte, dass in der öffentlichen Diskussion vor allem Impfstoffe stehen. „Wir brauchen mehrere Standbeine, eines davon sind Medikamente“, konstatierte er. Sein Anliegen war daher, dass sich die Förderungen dahingehend deutlich erhöhen und dementsprechend in absehbarer Zeit zusätzliche Medikamente zur Verfügung stehen werden.
Die 20 Jahre seit Gründung der Bio Regio STERN GmbH seien mühevoll und mit großen Schwierigkeiten bei der Kapitalbeschaffung verbunden gewesen, so Dr. Jürgen Zieger (SPD). „Es ist keine Erfolgsgeschichte politischer Förderung, sondern privater Initiative“, stellte er fest. Inzwischen würde die Diskussion über weitere Standbeine zur Diversifizierung der Wirtschaft in der Region anders geführt. Er wünschte sich, dass zukünftig „Finanzierung leichter und umfangreicher zur Verfügung gestellt werden kann, als es in den letzten Jahren der Fall war.“
Auch Hartfrid Wolff (FDP) betonte, dass erst Privatkapital die Möglichkeit geschaffen habe, die Medizintechnik in der Form weiterzubringen. „Die öffentliche Hand konnte im Verhältnis zu dem Kapital, das nötig war, verhältnismäßig wenig bringen.“ Erfreulich sei die erfolgreiche Integration von Migranten in der Branche. „Voraussetzung ist die Forschungsfreiheit“, so Wolff, „wobei den internationalen Fachkräften auch zuzutrauen ist, dass sie wissen, wo die Grenzen sind.“
Von der Kreativität und dem Engagement der Firmen war Peter Rauscher (DIE LINKE/PIRAT) beeindruckt. Er hob hervor, dass auch Engineering-Unternehmen zunehmend interessiert daran seien, an biotechnologischen Verfahren zu arbeiten. Zwar sei viel Privatkapital geflossen, die Grundlagenforschung sei aber durch öffentliche Gelder finanziert. „Ohne diese Grundlagen, hätten die Firmen nie so weit kommen können“, betonte Rauscher.
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