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Presseinformationen |

Was kann ETCS?

Experten-Hearing zu ETCS in der Stammstrecke – Mögliche Potenziale für die S-Bahn, aber Grundlagen für Genehmigung fehlen noch

Ist ETCS die Signaltechnik, die die S-Bahn Stuttgart, gerade in der Stammstrecke wieder pünktlicher macht? Welche Chancen und Risiken sind mit dieser modernen Signalisierung gegenüber der konventionellen Technik verbunden? Wann ist ETCS umsetzungsreif, auch außerhalb von Schnellfahrstrecken? Um diese zentralen Fragen kreiste ein Experten-Hearing des Verbands Region Stuttgart am Donnerstag, 5. Februar.  

Professor Ullrich Martin (Verkehrswissenschaftliches Institut an der Uni Stuttgart) und Dr. Wolfgang Jakob (Thales Deutschland) stellten die gemeinsame Untersuchung zur „zuverlässigen Leistungsfähigkeit der S-Bahn-Stammstrecke Stuttgart“ vor, in Anwesenheit von Regionalräten, ÖPNV-Akteuren aus der Region, Vertretern der DB-Töchter und des Verkehrsministeriums. Um es vorweg zu nehmen: ETCS scheint vielversprechende Möglichkeiten zu bieten, bisher gibt es für S-Bahn-Strecken in Deutschland aber weder Genehmigungen noch Erfahrungen.  

„Als Aufgabenträger und Partner des ÖPNV-Pakts haben wir die Verpflichtung zu prüfen, inwieweit Möglichkeiten zur Erhöhung der Kapazität bestehen“, sagte Regionaldirektorin Dr. Nicola Schelling vom Verband Region Stuttgart eingangs. Sie stellte klar, dass die Region keine Priorität für ein bestimmtes Zugsicherungssystem habe. „Unser Erkenntnisinteresse basiert darauf, dass der S-Bahn-Verkehr funktionieren muss – verlässlich, zukunftsfähig und mit der früheren Qualität. Deutlich machte sie darüber hinaus, dass der Ball, welche Signalisierung die Stammstrecke künftig haben wird, bei der DB Netz AG liege. Es gelte die Erwartungshaltung, die vertraglich fixiert ist, dass 24 S-Bahn-Züge pro Fahrtrichtung und Stunde zwischen Hauptbahnhof und Schwabstraße mit guter Qualität unterwegs sein können.  

Das European Train Control System (ETCS) wird derzeit für den grenzüberschreitenden europäischen Hochgeschwindigkeitsverkehr eingesetzt. Im Vergleich zur konventionellen Zugsicherung kommunizieren die Fahrzeuge direkt mit dem Stellwerk. Bisher findet sich im S-Bahn-System die konventionelle Sicherungstechnik, die langfristig überholt sein wird. Um ETCS einsetzen zu können, müssen sowohl die Strecke als auch die Fahrzeuge ausgestattet werden. Die neuen Strecken des Bahnprojekts Stuttgart – Ulm werden mit ETCS gebaut. 

„Im Zuge des Projekts Stuttgart 21 ist für die S-Bahn-Stammstrecke einschließlich der Erweiterung bis zur Mittnachtstraße ein neues Stellwerk mit elektronischer Signaltechnik vorgesehen“, sagt Dr. Ali Akbar Elahwiesy, der zuständige Projektleiter bei der DB Projekt Stuttgart – Ulm GmbH. Eine erste Simulation habe gezeigt, dass die geforderte Kapazität von 24 Zügen pro Stunde und Richtung auch ohne ETCS eingehalten werden könne. 

„Die Stammstrecke bleibt ein Engpass“, sagte Professor Ullrich Martin. „Allerdings bringt ETCS Level 2 mehr Betriebsqualität und eine höhere Kapazität“. Darüber hinaus erhöhe sich auch die Flexibilität bei der Fahrplangestaltung. Er sieht „sehr große Potenziale“ für die Stammstrecke. Eine Erkenntnis der Studie sei, dass die Kapazität der Stammstrecke von 24 auf 32 Züge pro Stunde und Richtung erhöht werden könnte. Von außerhalb der Region eingeschleppte Verspätungen würden sich mit ETCS in der Stammstrecke allerdings weniger stark aufschaukeln. „ETCS ist keine eierlegende Wollmilchsau“, sagte Professor Martin. Weitere externe Einflüsse auf die Pünktlichkeit blieben bestehen. 

Dr. Wolfgang Jakob von Thales Deutschland sprach von ETCS als „Erfolgssystem“. Es handele sich um ein „ausgereiftes, stabiles und zukunftssicheres System“ und um einen weltweit anerkannten Standard. Ursprünglich für Hochgeschwindigkeitsstrecken entwickelt, werde ETCS nun in Madrid erstmals auch auf einem S-Bahn-Abschnitt eingebaut. Erfahrungswerte mit dieser modernen Signalisierungstechnik liegen in Deutschland auf S-Bahn-Strecken mit vielen Haltestellen und kurzen Haltezeiten bisher allerdings nicht vor. Um eine Genehmigung dafür zu erhalten, müssten zunächst neue Spezifikationen erarbeitet werden, so die Thales-Verantwortlichen. Darauf aufbauend müssten die Planungsgrundlagen abgeleitet werden. Wie lange dies dauern könnte, ließen sie offen. 

„Der Verband Region Stuttgart beteiligt sich finanziell an Stuttgart 21. Die Mittnachtstraße ist Teil der Stammstrecke“, appellierte Wirtschaftsdirektor Dr. Jürgen Wurmthaler an die Verantwortlichen der DB AG. Diese müssten für die S-Bahn die Signalisierung auswählen und finanzieren, die die Kapazität von 24 Zügen pro Stunde und Richtung garantiert. Aufgabe der Stuttgart 21-Planer sei es jetzt, zu prüfen, ob ETCS eine realistische Option für die S-Bahn ist.

Pressemitteilung (als pdf-Datei)

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